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5 Tipps gegen digitale Informations-Gewalt-Überdrüssigkeit

Ich war für 48 Stunden offline. Als ich dann die Instagram-App öffnete, realisierte ich: Es ist zu viel. All die Nachrichten, die Videos, die Bilder, die Stories, die Sequenzen, die Meinungen, der Schmerz, die Bagitalisierung, die Dämonisierung, die Nachrichten, die Sprache – einfach alles. Also, schaltete ich alles wieder aus. Auch Whatsapp. Denn in Zeiten von Corona, ist die Omnipräsenz von digitalen Technologien so weit in meine Erholungszeit übergegangen, dass meine Bildschirmzeit ins Unzählbare steigt. Doch das ist unsere Welt. Ich kann nicht die Augen vor George Floyds Tod, vor dem strukturellen Rassismus oder der Polizeigewalt verschließen. Das sollte keine*r. Doch es ist zu viel. Wie also kann man mit der Informations- und teilweise schon Gewaltflut umgehen? Hier folgen Selfcare-Tipps, aber nicht für die Bequemlichkeitsfanatiker*innen, sondern für alle, die diesen Schmerz spüren, aber in die richtige Bahn lenken möchten. 

1) Kenne deine Grenzen und sei mit ihnen konsequent

Manchmal wünschte ich, ich wäre dumm. Nicht buchstäblich und vermutlich ist es ein schlechter Begriff, um das zu beschreiben, was ich fühle: Eher sehne ich mich nach der Fähigkeit all das, was dort draußen passiert, die Gewalt, der Hass, der strukturelle Rassismus, all dem möchte ich entgehen. Einfach die Augen verschließen und so tun, als wäre es nicht existent. Vielleicht war das der Grund, weshalb ich meinen digitalen Geräten den Rücken kehrte, mich entschloss, darüber nachzudenken, wie Schwarze Menschen in einem System, dass sie strukturell benachteiligt, diskriminiert und tötet, zu bestehen. Doch das ist die Welt in der wir leben und darin müssen wir lernen zu überleben. Auch mental. Daher lautet der erste Tipp: Kenne deine Grenzen. Wie viel, ist zu viel? Wann erschüttern dich die Nachrichten so sehr, dass der emotionale Stress überschwappt? Wenn du ausgebrannt bist, kannst du nicht viel verändern. Mit Veränderung meine ich nicht die ganze Welt, sondern dein eigenes Universum.

“Die Funktion, die ganz ernsthafte Funktion von Rassismus ist Ablenkung. Er hält dich davon ab, deine Arbeit zu tun. Er lässt dich immer und immer wieder die Gründe deiner Existenz erklären. Jemand sagt, du hast keine Sprache, und du verbringst zwanzig Jahre damit, zu beweisen, dass du eine Sprache hast. Jemand sagt, dein Kopf hat nicht die richtige Form, also lässt du Wissenschaftler(*innen) daran arbeiten, die Richtigkeit deiner Kopfform zu belegen. (…) Nichts davon ist notwendig. Es wird immer noch eine weiter Sache geben.”

2) Du musst gar nichts!

Ich muss immer wieder an Toni Morrison denken, sie sagte, dass die Existenz von Rassismus dafür da ist, Schwarze Menschen abzulenken. Rassismus ist ein Kreislauf, der immer wieder von Neuem beginnt, die Empörung ist jedes mal da, doch strukturell verändert sich nicht viel. Es ist wie täglich grüßt das Murmeltier. Nur handelt es sich nicht um eine Komödie, sondern um eine Tragödie. Oder eher wie ein schlechter Horrorfilm, weil darin sterben Schwarze Menschen doch stets als erstes, oder? Diesen Kreislauf musst du auch immer wieder durchlaufen, emotional. Daher ist es in Ordnung, wenn du das nicht mitmachst. Du musst deine Gefühle nicht erklären, du musst nicht darüber sprechen, du kannst darüber sprechen, du darfst schreien, weinen oder einen Spaziergang im Wald machen. Rassismus ist ein Kreislauf und den zu durchbrechen, ist ein langer Weg. Also, teile deine Kräfte ein.

3) Sei wütend! Aber so richtig wütend!

Ich schreibe viel über Wut und wie wichtig sie ist. Wie gefährlich sie ist, wenn sie heruntergeschluckt wird. Denn all die Energie muss irgendwo hin. Sie verpufft nicht. Meist sind die Folgen unterdrückter Wut, Depressionen, Selbstverletzung, mangelndes Selbstwertgefühl, Kopfschmerzen, Stress und vieles weiteres und all das für was? Damit man seine Contenance behält, dem stereotypen Bildnis der “Angry Black Woman” entgegen wirkt? Nein, sei wütend. Wut tut gut. Sie sorgte dafür, dass wir heute überhaupt wählen oder ein Bankkonto eröffnen können. Ohne Wut wären wir nicht vorangekommen und wir haben verdammt viele Gründe so richtig wütend zu sein. Also, lass sie raus. Am besten mit anderen Menschen, die ähnlich fühlen, die die gleiche Schwere spüren. Auf einer Demo, gemeinsam am Telefon, im Protest oder in diesem Text, den ich hier gerade schreibe. Schrei sie heraus.

5) Du bist wichtig

Es ist ok, wenn du dich selbst zuerst rettest. Lautete ein kleines Kärtchen, das mal an meinem Schreibtisch klebte. Direkt vor meiner Nase. Doch ich habe es weggeworfen. Du siehst, ich bin auch nicht so gut darin, mich selbst zu priorisieren. Aber, wenn du ausgebrannt und müde bist, gibt es keinen Weg in eine kraftvolle Zukunft. Flyer verteilen, Plakate malen, schreien, protestieren, organisieren, diskutieren – all das bedarf Kraft und diese ist limitiert. Also, denk immer daran, dich selbst an erster Stelle zu setzen. Das bedeutet auch, sich herauszunehmen, auch wenn es gerade einen wichtigen Aspekt in einer digitalen Diskussion gibt, der so nicht geht. Du willst den Senf dazugeben, agieren und handeln. All das ist gut, richtig und essentiell, doch wenn du durch bist, dann hilfst du niemanden. Weder den Leuten beim protestieren, noch dir selbst. Der wichtigste Tipp lautet daher: Du bist wichtig.

Ciani-Sophia Hoeder

Ciani

Ein Online-Lifestylemagazin für afrodeutsche Frauen schaffen. Genau das hat sich die 29-jährige Berlinerin in den Kopf gesetzt. Nun ist Cianis Traum wahr geworden. RosaMag informiert, inspiriert und empowert Schwarze Frauen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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