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Vogue / “Weil Sichtbarkeit das Wichtigste ist”

„Weil Sichtbarkeit das Wichtigste ist“ – Das weißeste Magazin featured People of Color

Kommentar zum Vogue.de Themenspecial „Weil Sichtbarkeit das Wichtigste ist“ 

Ich muss ein Geständnis machen: Über viele Jahre hatte ich eine Sucht. Ich war ein Messi. Voller Eifer sammelte ich Hochglanzmagazine. Die InStyle, Jolie und meine persönliche Bibel, die Vogue – sie alle stapelten sich in meinem Zimmer. Vermutlich ist das genau der Grund, weshalb ich RosaMag – das erste Online-Lifestylemagazin für afrodeutsche Frauen startete – die Erfüllung eines Kindheitstraum. Meine Liebe zu Magazinen ging so weit, dass ich sogar über einige Jahre immer eine Vogue von meinen Reisen mit brachte – aus Spanien, Frankreich, den USA und Italien. Ich sammelte und sammelte. Doch es dauerte einige Jahre bis mir dämmerte, dass obwohl es viele unterschiedliche Nationen waren, sie alle eines gemeinsam hatten: Es waren kaum bis überhaupt keine Schwarzen Frauen zusehen. Wie steht es heute im Jahre 2019? 

Unter dem Motto “Weil Sichtbarkeit das Wichtigste ist” startet Vogue.de jetzt mit einem Novum. Aminata Belli, Fabienne Sand, Sandra Lambeck, Hadnet Tesfai, Nikeata Thompson, Mo Asumang und 22 weitere People of Color zieren die Startseite von Vogue.de mit dem Satz “Wie können wir in einer Serie über People of Color (PoC) das nachholen, was schon längst hätte stattfinden sollen?” Ja, das ist eine großartige Frage. Wie können sie es?  

Wenn Vogue anruft…

Mein Instagram-Feed ist voll mit lächelnden und wunderschönen afrodeutschen Ladys und People of Color – Die Crème de la Crème der POC-Szene schaut in die Kamera und sagt: “Representation matters!” Auf der deutschen Vogue Webseite geht es weiter. Interviews mit der Initiative für Schwarze Frauen und Women of Color Adefra, Artikel von Dominique Booker, Fotografin und Gründerin von dem POC-Interviewformat positiv / negativ, ein Beitrag von Make-up-Artistin Adiam Habtezion (genial!!!) sowie von Model und Bloggerin Julia Dalia über ständiges Starren und ungefragtes Haare anfassen. Das erste Mal in meinem Leben scrolle ich über die Vogue Webseite 

und es befinden sich dort Artikel für mich, die mich alle ehrlich interessieren. Wir haben in der deutschen Medienlandschaft ein großes Problem – die Abstinenz von People of Color. Obwohl jeder vierte Deutsche einen Migrationshintergrund hat, gibt es davon leider kaum etwas in Film, Fernsehen und Medien zusehen – außer auf Alternativen Formaten, wie Instagram, Blogs oder Indiezeitschriften. Kurzum: Ich bin es gewohnt, Bücher zulesen, Serien zuschauen, Filme zusehen und Zeitschriften durchzublättern, die überhaupt nicht für mich konzipiert sind. Ich bin nie der Narrativ in all diesen Geschichten. Ich existiere für sie gar nicht. Um es in Hollywoodsprache zu formulieren:

Als Schwarze Frau bin ich immer die Nebenrollen – im Mainstream zumindest.

Doch nun zieren viele unterschiedliche afrodeutsche Frauen die Vogue-Seite und wisst ihr was ich fühle: Empowerment. Stolz. Und Skepsis. Oh, sie kroch in mir empor, die nagenden Zweifel und der Gedanke – oh ja Diversität ist aktuell ein Trend. Möchte Vogue auf dieser Welle eine Weile mitschwimmen? Seien wir mal ganz ehrlich: Vogue ist das weißeste Medium auf der Welt und hat sehr viele Jahre schon ein großes Problem mit

Cultural Appropriation, was ich gern als kulturelles Plagiat benenne. Wir leben in einer weißen Mehrheitsgesellschaft – das vorherrschende Schönheitsideal lautet: Weiß, dünn und glatte Haare. Eines der tonangebenden Medien, die zu dieser Weltanschauung beiträgt ist die Vogue. Punkt. Trotzdem rief Vogue 27 afrodeutsche Frauen, Männer und People of Color an und sie hoben ab und waren dabei. Warum?

Vogue / “Weil Sichtbarkeit das Wichtigste ist”

Quelle: Vogue/ Ekua King

Sichtbarkeit ist auf dem Hinterhof etwas schwierig

Es ist leicht zu meckern und diesen wichtigen und notwendigen Start von Vogue abzutun, doch schauen wir einmal hinter die Kulissen. Das Projekt wurde von Kemi Fatoba, als freie Redakteurin, gemeinsam mit der Vogue.de-Chefredakteurin Alexandra Bondi De Antoni initiiert. Alexa ist Anfang diesen Jahres bei Vogue gestartet, hatte davor als Chefredakteurin für i-D Germany gearbeitet und hat eine klare Vision: Die klassischen Strukturen zu ändern. So kam Kemi dazu, die Mitgründerin von DADDY, einem Berliner Online-Magazin, das sich mit Humor, Themen wie Inklusion, Intersektionalität und Sex-Positivität nähert. Kemi ist freiberufliche Autorin und Content-Strategin.

Und genau hier wird es spannend. Vor und hinter der Kamera waren People of Color. Von der Stylistin Adiam Habtezion bis hin zu Poliana Baumgarten, die Videografin – die Geschichten wurden nicht über People of Color geschrieben, sondern von POCs – und das ist Empowerment. Bei der Arbeit fielen Sätze, wie “Wir wollen dir als weiße Frau nicht reinreden.” und für alle Beteiligten, war es ein wundervolles Erlebnis. Es ist ein Paukenschlag an die Medienlandschaft. 

So problematisch, wie die Vogue ist, müssen wir auch anerkennen, dass ehrliche Sichtbarkeit nicht nur auf den Hinterhöfen oder auf Instagram-Kanälen mit einer Followerschaft von 2.000 erreicht werden kann. Belange für POCs, die Bilder und Themen zirkulieren letztendlich immer wieder im gleichen Dunstkreis. Vogue.de setzt, als Leitmedium der Fashionwelt, ein wichtiges Signals. Diese Pionierleistung kann weitere Medien dazu bewegen, sich selbst kritisch zu hinterfragen und POCs, als Teil unserer Gesellschaft zu integrieren.

Also Ladys, lasst uns das hier als einen Erfolg feiern, mit einem Blick darauf, wie nachhaltig diese Vision ist und es stimmt: Sichtbarkeit ist das Wichtigste!

Kemi Fatoba

Schau jetzt in unser Interview mit Kemi Fatoba hinein über die Entstehung des Vogue Specials.

Bildquelle: Kemi Fatoba

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