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Emilene Wopana Mudimu: „Wenn du dir keine Pause gönnst, kann dein Aktivismus dich verschlucken“

Ein Gespräch mit der Aktivistin und Poetry Künstlerin Emilene Wopana Mudimu

Emilene Wopana Mudimu, im folgenden Wopana, ist Sozialarbeiterin, Poetry-Künstlerin und politische Aktivistin aus Aachen. Ihr Schreiben nutzt sie um politische Aussagen nach außen zu tragen, aber auch als Methode um Privates zu verarbeiten. Ihren Alltag und ihre Arbeit im Jugendzentrum KingzCorner können wir direkt auf Instagram miterleben. Hier teilt sie auch ihre Ansichten zu Politischem und kommentiert tagesaktuelle Geschehnisse.

Von Hair Politics zu Social Media

Wopana und ich treffen uns Nachmittags am Kölner Hauptbahnhof. Während mein Blick noch suchend die Menschenmenge auf dem Gleis überfliegt, kommt sie schon lächelnd auf mich zu. Wir haben uns Anfang 2018 auf einem ihrer Workshops zu Hair Politics beim Hamburger Black History Month kennengelernt und ich freue mich nun die Möglichkeit zu haben, etwas länger mit ihr zu quatschen. Denn über Social Media verfolge ich seitdem ihre politische und künstlerische Arbeit.

 

Emilene Wopana Mudimu

Foto: KingzCorner Aachen

Kunst und Kultur zugänglich machen

Wopana wurde in der Demokratischen Republik Kongo geboren, hat ihre Kindheit und Jugend aber in Niedersachen und Köln verbracht. Seit 2013 arbeitet sie zusammen mit ihrem Ehemann Sebastian im Jugendzentrum KingzCorner in Aachen, dass er vor etwa 10 Jahren zusammen mit Freund*innen gegründet hat. Das KingzCorner bietet Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Möglichkeit Musik zu machen und aktiv kulturelle Angebote in der Stadt mitzugestalten. Wie beispielsweise bei dem Projekt Music, Stylez and Culture, bei dem geflüchtete und in Aachen sozialisierte Jugendliche gemeinsam mit Graffiti eine Wand gestaltet und viel biografisch zusammen gearbeitet haben. Daraus entstand am Ende sogar ein ganzes Album mit eigenen Musikstücken: „Wir wollten einen Raum für freie Kultur schaffen. Aachen ist eine sehr elitäre Stadt,“ sagt Wopana. Aktuell übernimmt sie vor allem die pädagogische Arbeit: „Wenn einige Hürden gemeistert sind, würde ich den Fokus gerne stärker auf  Empowerment Angebote für BIPoC legen.“

Emilene Wopana Mudimu

Foto: KingzCorner Aachen

Von Selbstbildung zum Aktivismus

Wopanas Aktivismus begann mit ihrem Studium der Afrikanistik und Erziehungswissenschaften. Während ihres Studiums hat sie mit Freund*innen den “Ausländer-Lesekreis” gegründet: „Wir haben alle sozial- und kulturwissenschaftliche Fächer studiert und es störte uns, dass die Perspektiven, die wir kennenlernten eurozentrisch waren. Wir wollten Werke von Schwarzen und of Color Personen lesen,“ erzählt sie. Das Buch, das sie am meisten geprägt hat, ist übrigens Die Verdammten dieser Erde von Frantz Fanon: „Das was er schreibt, können wir weiterhin auf die jetzige Gesellschaft übertragen.”. Frantz Fanon war ein Schwarzer Freiheitskämpfer und wichtiger Vordenker der Entkolonialisierung.

Von der Community, für die Community

Ihr besonderes Interesse lag schon damals im Themenbereich Hair Politics. Zu Beginn hielt sie bundesweit vor allem Vorträge für befreundete Politgruppen, aber ihr war es wichtig längere Workshops für Schwarze Menschen anzubieten und die gab sie dann auch, wie beispielsweise beim Black History Month. Durch die Vernetzung kamen dann Moderationsanfragen hinzu:

„Die Connections, die du durch die Community hast sind machtvoll. Ich finde es wichtig, dass wir uns gegenseitig eine Plattform geben und uns austauschen können. Meine Idee ist eigentlich immer: Von der Community, für die Community.“

Emilene Wopana Mudimu

Foto: Nadja Hussein

“Du wirst zur Projektion, Menschen sehen etwas Bestimmtes in dir”

Irgendwann kam der Punkt, als Wopana vom Aktivismus ausgelaugt war. Sie hatte sich lange öffentlich auf Instagram und Facebook zu politischen Geschehnissen geäußert und war in ganz Deutschland unterwegs. Menschen stellten nun hohe Erwartungen an sie und ihre Arbeit. Ein Vorwurf, den viele Personen ihr machten, war, dass sie sich durch die Ehe zu einem weißen-deutschen Mann nicht als Schwarze Aktivistin bezeichnen könne. In ihr kam viel Druck auf: „Wenn du öffentlich bist, bist du eine Projektion. Menschen sehen etwas in dir, wenn du das dann nicht bist, ist da Enttäuschung.“ Heute sagt sie: „Keine Aktivist*in kann auf Dauer all das tragen. Aktivismus kann toxisch wirken, vor allem dann wenn du nicht zur Ruhe kommst oder persönliche Rückschläge erlebst.“

Das Politische in dir bleibt

Als Wopana eine Fehlgeburt erlitt, brauchte sie eine Pause- mental und körperlich: „Da habe ich gemerkt, dass auch ich Grenzen habe.“ Dennoch, für sie ist klar: „Auch wenn du dich für eine gewisse Zeit zurückziehst, das Politische in dir bleibt.“

Emilene Wopana Mudimu

Foto: Francis Oghuma

Poetry als Befreiungsschlag

Heute ist ein elementarer Teil von „Self-Care“ für sie das Schreiben. Ihren ersten Auftritt mit eigenen Texten hatte sie 2018 bei Kaleo Sansaas Soultrippoetry, einem Event, das regelmäßig in Köln stattfindet. Zu Beginn waren Wopanas Texte sehr persönlich: „Auf der Bühne zu stehen und sie mit Menschen zu teilen, kann sehr befreiend sein. Aber ich schreibe für mich. Der Prozess des Schreibens gibt mir die Möglichkeit Raum und Zeit für mich selbst zu schaffen. Das hilft vieles zu verarbeiten.“ Wenn sie vor weiß-dominiertem Publikum auftritt, erlebt sie häufig Reaktionen wie: „Oh, die kann aber gut deutsch sprechen, sie ist so eloquent.”. Diese Aussagen fallen dann schon bevor sie inhaltliches Feedback bekommt.

Die Macht von Sprachen und Worten

Die Kunst existiert für sie nicht rein um der Kunst Willen: „Ich schreibe, um politische Aussagen in die Gesellschaft zu tragen.” Wie wir wissen, sind Sprache und Worte sehr mächtig und bilden Realitäten ab. Für Wopana ist diese Tatsache zentral: „Ich herrsche über meine eigenen Worte. Für mich sind sie Selbstermächtigung über unsere eigenen Perspektiven. So können wir mit unseren Narrativen verschiedene Räume einnehmen.“

Wenn du dir keine Pausen gönnst, verschluckt es dich

Wer sich von Wopana und ihrer Arbeit inspirieren lassen will und einen Einblick in das Leben einer Schwarzen Aktivistin in Deutschland bekommen möchte, sollte ihr dringend bei Instagram folgen. Dort ist sie unter black_is_excellence zu finden und auch für ihr Poetry gibt es eine Seite: wopana.words. Mich jedenfalls, hat unser Treffen bereichert. Es tut gut sich mit anderen Schwarzen Aktivist*innen auszutauschen, vor allem auch über die Zeiten, die einen auslaugen, verzweifeln lassen und dir manchmal das Gefühl geben, dass das was du tust, noch nicht reicht. Aktivismus ist wichtig, aber auch kräftezehrend. Distanz ist ein Mittel, damit die Arbeit dich nicht ausbrennt und Aktivismus nachhaltig wirken kann. Denn wenn du dir keine Pausen gönnst, verschluckt es dich.

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