Safer Spaces vs. Toxische Beziehungen: Warum es okay ist, langjährige Freundschaften zu beenden
Kennst du das? Du hast eine*n beste Freund*in, die du über alles liebst. Du würdest ihm*ihr alles anvertrauen. Deine Geheimnisse, dein Geld, sogar deine mentale Gesundheit. Sie*er war schon immer die Person, für die du alles geben würdest und das ist umgekehrt auch so. Doch was ist, wenn eure Freundschaft sich langsam verändert hat? Was ist, wenn die Person, die in den schlimmsten Zeiten für dich da war, dir plötzlich jegliche Energie entzieht? Jedes Gespräch ist anstrengender als das Vorangegangene. Nach einem Treffen mit der Person gehst du erschöpft nach Hause, als hättest du acht Stunden in einem vollen Restaurant gekellnert. Du bekommst Angst, deine Meinung zu äußern, denn du weißt, dass sie wie ein Pulverfass ist. Ein falsches Wort und sie explodiert.
Jeden Tag verlierst du ein Stück von dir selbst. Um den Freundschaftssegen nicht zu stören, hältst du den Mund. Immer wieder. Für jeden Kommentar, den die Person in deine Richtung spuckt, würdest du ihr am liebsten entgegnen: „Das stimmt so nicht.“ oder „warum sagst du das immer so? Das ist sehr verletzend.“ Aber du hältst deinen Mund. Egal was du sagst, am Ende bist du wieder diejenige, die unrecht hat. Du bist schuld an allem. Vielleicht wirft sie dir sogar böse Absichten vor. Deine Gefühle spielen nämlich keine Rolle. Was zählt, ist wer lauter ist und mehr Macht hat. In dieser Freundschaft geht es nämlich nicht darum, sich auf Augenhöhe zu begegnen. In dieser Beziehung geht es darum, die andere Person klein zu halten. Sie soll sich nicht entfalten, ihre Denkweise ändern oder eine neue Meinung bilden. Und niemals darf sie sich stark genug fühlen, um zu sagen: „Du tust mir nicht gut“. Das würde nämlich bedeuten, dass sie sich aus der toxischen Umgebung hinaus gekämpft hätte. Für die machthabende Person in dieser Beziehung würde das einen Kontrollverlust bedeuten. Ihr würden das erste Mal Grenzen aufgezeigt werden, ein unbekanntes Gefühl. Kurz gesagt: Du könntest endlich frei sein. Doch wieso haben wir oft Angst, diese Freiheit anzunehmen?
Meist liegt es daran, dass man die toxische Person schon seit Jahren kennt. Egal wie schwierig diese Beziehung ist, kann man eine zehn Jahre lange Freundschaft „einfach so“ beenden? Reicht: „du tust mir nicht gut“ als Grund? Ja! Auch wenn es nicht einfach ist. Eine Freundschaft wird nicht von heute auf morgen toxisch. Der Prozess ist schleichend. Auch wenn die Realisation mit voller Wucht kommt. Jeder Person, die sich in einer toxischen Freundschaft befindet, möchte ich mitgeben, wie eine gesunde Beziehung, ein Safer Space aussehen könnte:
In diesem Safe Space darfst du so sein, wie du bist. Nein, ich meine, wie du WIRKLICH bist. Du sitzt mit deinen Freund*innen zusammen und ihr rülpst voreinander und alle fallen in schallendes Gelächter. Ich wünsche dir einen Safe Space, indem du die Kleidung deiner Freund*innen einfach anziehen kannst, ohne dir dabei Gedanken zu machen, wann du die Stücke wieder zurückbringen musst. Sie kommen dich sowieso jeden zweiten Tag besuchen. Ich wünsche dir einen Raum, indem ihr Activity miteinander spielt und die Gewinner*innen so laut brüllen, dass Passant*innen auf der Straße glauben könnten, jemand habe im Lotto gewonnen. Freund*innen, die dir vergangene Fehler verzeihen. Eine Gruppe, die sich zum Essen trifft und so viel übrig bleibt, dass ihr am nächsten Tag einen Brunch mit den Resten veranstaltet. Menschen, mit denen du über gesellschaftskritische Themen sprichst, ohne dass dir deine Gefühle und Erfahrungen abgesprochen werden. Ich wünsche dir Freund*innen, die deinen Erfolg feiern. Aber so richtig feiern! Sie schreien vor Freude in dein Telefon, wenn sie erfahren, dass du den Job oder den Uniplatz bekommen hast. Freund*innen, die deine Erfolge mit anderen teilen, weil du dich selbst nicht traust. Menschen, die dich mental unterstützen und dir immer wieder sagen, was für ein toller Mensch du bist, wenn du es selbst wieder vergessen hast. Ich wünsche dir Freund*innen, die dich zum Bahnhof begleiten und warten, bis der Zug abfährt. Ich wünsche dir Menschen, die dich mitten in der Nacht anrufen, um dich nach Rat zu fragen, weil sie dir vertrauen.
Das Ende einer toxischen Freundschaft ist oft der Anfang von Selbstfindung und Liebe. Liebe*r Leser*in, wie hört sich diese Freundschaft an? Utopisch? Nein, ich sage möglich!
Albertina
Albertina Pangula studierte an der Universität Passau Medien und Kommunikation. Schon als kleines Kind liebte sie es zu lesen, doch was ihr immer fehlten, waren Vorbilder, die so aussahen wie sie. Deshalb schreibt sie für RosaMag Texte über die eigene Identität. Sie befasst sich mit den Themen Rassismus und Feminismus und möchte mit dem Schreiben Menschen zur Selbstreflektion anregen.
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