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    Akwaaba Hair & Art Studio

    “Da verbrannte mein Traum,” Jenny, Co-Inhaberin des Akwaaba Hair & Art Studio

    Hintergrundbericht zum Brandanschlag vom 9.07.2021 auf den Afroshop “Akwaaba Hair & Art Studio” in Erkrath in Nordrhein-Westfalen.

    Jenny erfüllte sich ihren Traum. “Ich habe schon immer Haare gemacht. Mit 16 verdiente ich Geld damit. Ich konnte mir dadurch mein Kunststudium finanzieren,” erklärt die junge Mutter. “Mir war früh klar: Eines Tages möchte ich einen Salon haben.” Vor einem Jahr war es soweit. Gemeinsam mit ihrem Geschäftspartner Sidney eröffnete sie Akwaaba Hair & Art Studio in Erkrath, einer kleinen Stadt in Nordrhein-Westfalen. Ein Ort im Kreis Mettmann, 40.699 Einwohner:innen, weit und breit gab es keinen Afroshop. Das wollten Sidney und Jenny ändern.  Zur Eröffnung kamen einige ältere weiße Männer vorbei. “Die sagten zu uns: Um Gottes Wille! Muss das denn sein? Das tat ich ab und lachte darüber,” erinnert Jenny sich. 

    Akwaaba Hair & Art Studio

    Für Jenny war ein eigenes Studio die Erfüllung eines lange gehegten Traums.

    Akwaaba Hair & Art Studio wurde zu einem Raum der Begegnung, des Spaßes, der Zelebration Schwarzer Haare. Lehrer*innen, Personen aus dem Dienstleistungssektor bis hin zu Menschen, die große Unternehmen leiteten – Viele kamen zu Jenny und ließen sich ihre Haare machen oder kauften Produkte vor Ort. Es wurde gelacht, manchmal drehten sie Afrobeats auf und tanzten. Für Jenny war es eine wundervolle Zeit. “Ich habe meine Kund*innen geliebt. Viele sind auch privat meine Freund*innen geworden,” erklärt sie. Das änderte sich am Freitagmorgen, den 9. Juli 2021, gegen drei Uhr.

    Bild von Akwaaba Hair & Art Studio nach dem Brand. Quelle: Kreispolizeibehörde Mettmann

    Menschen hätten sterben können

    “Ich habe nichts mitbekommen,” erinnert Jenny sich. Erst um 9 Uhr schaute sie auf ihr Handy. 15 verpasste Anrufe. Manche Nummern kannte sie, andere nicht. Dann erfuhr sie es. Akwaaba Hair & Art Studio wurde niedergebrannt. Totalschaden. Brandstiftung. Täter*innen unbekannt. “Da verbrannte mein Traum. Doch was wirklich schlimm ist, in dem Gebäude leben Menschen. Die wären fast gestorben. Das Kinderzimmer meines Vermieters befindet sich direkt über unser Geschäft. Es fing Feuer. Die Flammen stiegen bis zum Dach hoch,” erklärt die Nordrhein-Westfälin. Der Laden liegt in der Brechtstraße. Es befindet sich eine Kirche, ein Restaurant, ein Lieferservice und eine Gaststätte in der Straße. Ein ruhiger Ort. Ihr Vermieter wohnt in dem Haus. Eine, wie Jenny sie beschreibt, liebevolle libanesische Familie, die sie unterstützt.

    Glenda, die Co-Gründerin von Sonnenblumen Community Development Group übernahm ganz schnell für Jenny das Ruder. Quelle: Glenda

    Die lähmende Angst und die starke Community

    “Wir hatten eine Whatsapp-Gruppe für Schwarze Frauen in Nordrhein-Westfalen. Die ist etwas eingeschlafen, wurde aber von Melane von Beautiful Colors gegründet. Die ist eigentlich dafür da, dass  wir uns organisieren und einander unterstützen können, wenn es zu solchen Vorfällen kommt,” erklärt Glenda. Gemeinsam mit Phyllis Quartey mit der sie gemeinsam, die Initiative N-Wort Stoppen Köln – sowie vielen weiteren Initiativen und Personengruppen – gründete übernahm sie das Ruder. “Jenny ist auch in dieser Gruppe und schickte am Freitag Screenshots vom Polizeibericht in den Chat.” Glenda versuchte Jenny zu kontaktieren und hatte eine Idee. Sie wollte direkt am Samstag eine Mahnwache organisieren. Zudem setzten Sarah Tsehaye, eine Kundin und Freundin von Jenny, ein GoFundMe auf, damit sie Geld für Jenny, Sidney und ihre Familien sammeln konnten.  “Zunächst wollte Jenny nichts machen. Sie stand unter Schock.” Jenny hatte Angst. Was, wenn die Leute, die ihren Laden in Brand gesteckt hatten ,noch wütender würden? Was, wenn sie noch einmal zuschlagen? Sie vielleicht angreifen würden? Sie wollte keine große Welle schlagen. “Ich kann kaum schlafen,” erklärt Jenny. “Ich denke die ganze Zeit, dass sie wissen, wo ich wohne. Das sie mein Wohnhaus in Brand stecken könnten. Ich habe eine junge Tochter.”

    Glenda half Jenny in dem Moment, wo sie keine Kraft hatte. Quelle: Glenda

     “Der Anschlag an Jenny ist nicht nur an sie. Er ist an uns alle.”

    “Da ist eine junge Mutter, die versucht etwas aufzubauen, einen Safespace zu kreieren und dann kommt jemand, nimmt ihr alles weg und macht es kaputt. Das ist richtig schlimm,” findet Glenda. Sie ist einer der Gründerin derSonnenblumen Community Development Group. Eine Schwarze migrantische Selbstorganisation, die es seit fast vier Jahren in Köln gibt. “Der Anschlag an Jenny ist nicht nur an sie. Er ist an uns alle. An Schwarze Menschen. An Schwarze Frauen,” erklärt Glenda. Jennys Angst lähmte sie. Glenda und Phyllis Quartey wollten sie unterstützen. Sie übernahmen das Ruder und sorgten dafür, dass der Vorfall viral ging und ganz Deutschland von  Akwaaba Hair & Art Studio erfuhr. Sie organisierten eine Mahnwache und starteten ein Crowdfunding. “Es kamen insgesamt 50 Personen zur Demonstration und innerhalb von drei Tagen konnten wir bereits 17.000 Euro an Spenden sammeln,” erklärt Glenda.

    Die Feuerwehr konnte den Brand unter Kontrolle bringen. Es gab keine Verletzten. Quelle: Kreispolizeibehörde Mettmann  

    Rassistisch motiviert oder Zufall?

    Für Glenda handelt es sich um einen rassistisch-motivierten Anschlag. Ein Symbol. Eine klare und deutliche Drohung. Die Polizei sieht das aktuell nicht so. Laut Pressemitteilung gehen sie von Brandstiftung aus. Eine Zeugin hat am Tatort zwei Personen gesehen. Ob es sich um Zeug*innen oder Täter*innen handelt, wissen sie noch nicht, doch als politisch oder rassistisch motiviert, möchten sie es aktuell nicht benennen. Die Ermittlungen sind noch in vollem Gange, neue Hinweise gäbe es nach telefonischer Nachfrage durch das RosaMag-Team (Stand 13.07., 18 Uhr) nicht. Bei Jenny setzten sich einige Puzzleteile zusammen. Erst die Männer, die ihr erklärten, dass ihr Geschäft nicht in Erkrath hineinpasse und dann weitere ungewöhnliche Vorfälle. “An einem Morgen bin ich zum Laden gekommen und habe Eierschalen gefunden. Jemand hatte den Shop mit Eiern beworfen. Dabei habe ich mir noch nichts gedacht. Dann hatte jemand die Fenster vollgesprüht. Es standen Beleidigungen drauf. `Fuck you` und `Raus hier.` Natürlich habe ich Anfeindungen in meinem Leben erlebt, so wie jede Schwarze Person, aber in diesem Ausmaß noch nicht.”

    Ob Jenny noch einmal einen Laden eröffnen möchte, weiß sie noch nicht. 

    Sicheres Gefühl? Fehlanzeige

    Jennys fragt sich immer wieder: Wer würde so etwas tun? “Ich habe keine Feind*innen. Ich hatte nur einmal eine Kundin, die zu mir meinte, dass meine Preise hoch wären. Sie kam allerdings ganze fünf Mal danach ins Studio. Doch wäre das ein Grund, einen Laden in Brand zu stecken?” Um das wer, kümmert sich eigentlich die Polizei. “Wir sind gestern noch einmal zur Polizeistation gefahren,” beschreibt Jenny. “Wir wollten weitere Informationen liefern. Doch uns wurde erklärt, dass sie keine Zeit hätten, da ein wichtigerer Fall nun reingekommen ist. Das gibt einem kein sicheres Gefühl.”  Jenny erklärt, dass ihre Gegend ein “Sozialer Brennpunkt” sei. Innerhalb kürzester Zeit wurden mehrere Zufluchtsuchende Unterkünfte aufgestellt. In einem Dorf. “Jetzt sind es gefühlt 40 Prozent an weiße Deutsche, die aus einer gehobenen Schicht und Mittelschicht stammen und 60 Prozent an Menschen, die hier ganz frisch angekommen sind. Es ist einfach ein starkes Gefälle,” so Jenny.

    Ohne Glenda, Phyllis Quartey, der Sonnenblumen Community Development Group und der Initiative N-Wort Stoppen Köln und Melane von Beautiful Colors hätte der Vorfall nicht solche großen Wellen geschlagen. Quelle: Glenda

    “Gemeinsam sind wir stark”

    “Wir wollten zeigen, dass Jenny und Sidney nicht allein sind. Auch die ‘Omas Gegen Rechts’ waren bei der Mahnwache vor Ort. Gemeinsam sind wir stark,” erklärt Glenda. Jenny gibt das alles Kraft und gleichzeitig überfordert es sie. Sie sitzt zwischen den Stühlen. Einerseits freut sie sich über die Aufmerksamkeit, die Unterstützung, die Spenden, die Anfragen, aber eigentlich ist ihr das alles zu viel. Sie würde sich lieber hinlegen, nachdenken, alles verarbeiten. Dafür gibt es keine Zeit. Jenny hat eine junge Tochter, die Versicherung möchte noch mehr Informationen habe, E-Mails trudeln im Sekundentakt auf ihr Handy, das gar nicht aufhört zu klingeln. Sie muss den Laden sauber machen. Die Ruine, die einst ihr Raum der Hoffnung war. “Ich verstehe die ganze Welt gar nicht mehr. Das ist mir alles zu viel.”

    Ob sie einen neuen Laden eröffnen würde? “Woher soll ich wissen, ob das nicht noch einmal passiert?” Die Unterstützung von Glenda, Phyllis Quartey, der Sonnenblumen Community Development Group und der Initiative N-Wort Stoppen Köln, sowie die vielen Nachrichten auf Instagram und darüber hinaus geben Jenny ein wenig Hoffnung.  “Ich wünsche mir für die Zukunft, dass dieser Vorfall auch ein bisschen zur Aufklärung beiträgt. In Deutschland gibt es tatsächlich weiterhin solche Momente. Es gibt weiterhin Brandanschläge, Rassismus und Menschen, die einem nichts gönnen und Böses tun. Erst wenn wir das anerkennen, können wir etwas verändern.”

    Ciani-Sophia Hoeder

    Ciani

    Ein Online-Lifestylemagazin für afrodeutsche Frauen schaffen. Genau das hat sich die 29-jährige Berlinerin in den Kopf gesetzt. Nun ist Cianis Traum wahr geworden. RosaMag informiert, inspiriert und empowert Schwarze Frauen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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