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    Faith Farai: „Deine Kunst ist das Schreiben. Also benutze sie nicht nur für dich, sondern auch für alle anderen!“

    Im Gespräch mit Autorin Faith Farai

    Ein eigenes Buch auf eigene Faust veröffentlichen? Das hat die 28-jährige Hamburgerin Faith Farai gemacht und das als frischgebackene Mami. Ein richtiger Girl Boss Move finden wir! Seit dem 21.Oktober 2020 ist ihr Gedichtband „Mirror Mirror“ überall erhältlich, den die in Simbabwe geborene Autorin im Selbstverlag veröffentlicht hat. Die rund 140 englischen Gedichte reihen sich in die Tradition der Bestseller-Poetin Rupi Kaur ein. Wir haben mit ihr über ihren Weg zum fertigen Buch gesprochen, woher sie ihre Inspirationen nimmt und welche Höhen und Tiefen sie dabei erlebt hat.

    Faith, du hast nun deinen ersten Gedichtband veröffentlicht. Wie fühlt sich das denn jetzt für dich an?

    Bücher zu schreiben und sie auch zu veröffentlichen, stand schon lange auf meiner Bucket List. Das war schon immer mein größter Traum. 2018 habe ich mit der Poesie angefangen. Davor habe ich vor allem Kurzgeschichten geschrieben. Durch Instagram kam ich zur Poesie. Dort gibt es ja jetzt diese Poet:innen, die Insta Poets, die hauptsächlich kürzere Gedichte schreiben. Das hat mich inspiriert, ich habe mir gedacht, sowas könnte ich auch machen. Nachdem ich anfing meine eigenen Gedichte auf Instagram zu posten, merkte ich irgendwann, dass ich jetzt echt schon ganz viele Follower:innen habe. Es kamen viele Anfragen, ob meine Gedichte auch in einem Buch zu finden sind. Ich habe mir dann gesagt, ich mach das einfach mal. 2020 hat uns ja ganz viel Zeit gegeben, sowas fertigzustellen.

    Dein Buch heißt „Mirror Mirror. Her Poetic Faith“. Du sagst, dass es um Liebe, Glaube und Hoffnung geht und du die Leser:innen zum Nachdenken anregen möchtest. Wie bist du auf das Thema gekommen und warum spielt die Reflexion dabei so eine wichtige Rolle?

    Alle Sachen, die ich geschrieben habe und die man im Buch findet, sind Dinge, die aus meinem Inneren kommen. Ich habe mich dafür gefragt: Was mache ich gerade durch im Leben? Wie geht’s mir heute? Was für Gedanken habe ich gerade? Darüber muss ich dann schreiben. Da ich kein Tagebuch mehr führe, ist das Schreiben meine Art zu reflektieren. Jedes Mal, wenn ich eins meiner Gedichte lese, weiß ich ganz genau, was ich in dieser Zeit durchgemacht habe.

    Das sieht man in deinen Texten. Man hat das Gefühl, du sprichst deine Gedanken laut aus und die Leser:innen können mitlesen.

    Ja, das ist tatsächlich auch meine Intention gewesen. Das ist auch der Grund, weshalb ich schreibe. Ich schreibe für mich selber. Als ich anfing meine Gedichte zu posten, merkte ich, dass die Leute beim Lesen auch anfangen, sich selbst zu reflektieren. Daher kam der Name „Mirror Mirror“. Die Gedichte sind mein Mirror, mein Spiegel. Andere Leute sollen das aber auch lesen und Teile von sich und ihren Gedankengänge wiederfinden. Meine Gedichte sollen ein Spiegel sein für alle, die sie lesen.

    In den Texten tauchte auch immer wieder das Thema Glaube auf, sowohl im Titel des Gedichtbandes als auch in den einzelnen Gedichten. Du selbst heißt auch Faith. Welche Rolle spielt der Glaube in deinem Leben?

    „Her Poetic Faith“ ist genauso zweideutig, wie du es gerade interpretiert hast. ”Her Poetic Faith“ ist der Oberbegriff von allen Sachen, die ich schreibe. Inwiefern ist der Glaube Teil von mir? Ich bin eine gläubige Person und habe Theologie studiert, aber als ich mein Buch gelauncht habe und die ersten Leute die Bücher kauften, war ich vom Feedback schockiert. Alles, was ich geschrieben habe, wurde auf den Glauben zurückgeführt.

    Die Reaktionen haben mir bewusst gemacht, dass mein Glaube viel tiefer in mir verwurzelt ist, als ich dachte. Ich finde das sehr schön. Trotzdem können auch Menschen, die nicht gläubig sind, meine Sachen lesen. Selbst wenn du bestimmte Metapher nicht kennst, weil du die Bibel nicht kennst, kannst du dich trotzdem mit meinen Gedichten identifizieren, indem du eine eigene Interpretation machst. Das freut mich sehr.

     

    Du hast Theologie studiert. Was wolltest du denn damit machen?

    Nach dem Abitur, fragte meine Mutter mich natürlich, was ich jetzt machen möchte. Arbeiten? Eine Ausbildung oder doch studieren? Ich dachte mir, dass ich viel mehr über die Bibel wissen möchte. Nicht weil ich Pastorin werden wollte, sondern einfach, weil ich die Hintergründe erlernen wollte, sodass ich sie auf eine verständliche Art und Weise wiedergeben kann. Nicht nur an Christ:innen, sondern auch an Leute, die gar nichts mit Gott am Hut haben.

    Ich wusste schon immer, dass ich schreiben möchte, aber ich wollte nie theologische Bücher schreiben, sondern Bücher, die dich beim Lesen wieder zurück zu Gott führen.

    Wann hast du mit dem Projekt angefangen und wie lange hat es gedauert, bis das Buch fertig war?

    Ende 2018 fing ich an zu schreiben. Anfangs schrieb ich nur Gedichte. Ich wusste nicht, dass ein Buch daraus werden würde. Das Schreiben fiel mir sehr leicht. Schwierig war dann die Auswahl. Im Buch sind jetzt ungefähr 140 Gedichte. Ursprünglich hatte ich über 500! Nachdem ich sie mühsam zusammengestellt hatte, musste ich jedoch einen passenden Titel für mein Buch finden. Der Auswahlprozess der Gedichte hat ein Jahr gedauert. Ich habe mich am Ende dafür entschieden, das Buch in zwei Kapitel aufzuteilen. Das eine Kapitel heißt „Stronger“ und das andere heißt „Softer“. Wir kennen alle das Sprichwort „What doesn’t kill you, makes you stronger“. Ich habe den Spruch für mich immer weitergeführt: „If it doesn’t make you stronger, it makes you softer“. So kamen die Kapitel zustande. Alles sollte mit rein: Die Sachen in meiner Vergangenheit, die mich stärker gemacht, aber auch die Sachen, die mich weicher gemacht haben.

    Wie sieht dein Schreibprozess aus? Kriegst du eine Eingebung und schreibst das sofort runter oder bist du super konsequent und setzt dich jeden Tag um acht Uhr mit deinem Orangensaft an den Schreibtisch?

    Ich wünschte, ich wäre so eine konsequente Schreiberin. Bin ich aber nicht. Es gibt Tage, da liege ich um vier Uhr nachts neben meinem Mann im Bett und er sagt “Schlaf doch”, und ich meine dann: “Nein, ich hab gerade voll viele Inspirationen”. Dann schreibe ich die ganze Nacht vor mich hin. Oder wir gucken einen Film und da wird irgendwas gesagt, das mich an eine Situation erinnert. Ich möchte das dann immer gleich festhalten und fange an zu schreiben. Mein Mann ist schon genervt von mir, wenn ich auf „Stop“ drücke (lacht). Aber ich lasse mich total einfach inspirieren. Leider kann ich es nicht forcieren, sonst könnte ich bestimmt viel mehr schreiben. Aber ich muss wirklich auf Inspiration warten. Glücklicherweise kommt diese aber jeden Tag auf irgendeine Art und Weise, sei es ein Telefonat mit einer Freundin, in dem sie mir erzählt, was sie gerade durchmacht oder ich lese gerade die Bibel und da fällt mir irgendwas auf und ich will das festhalten. Dadurch, dass ich im Allgemeinen viel lese, lasse ich mich von anderen Autor:innen inspirieren.

    Durch welche Autor:innen zum Beispiel?

    Paulo Coelho steht ganz oben. Ich versuche „Der Alchemist“ einmal im Jahr zu lesen und entdecke jedes Mal etwas Neues. Allgemein die Bibel, vor allem die Bücher von Johannes. Rupi Kaur, Nayyirah Waheed, Warsan Shire, Jane Austen. Ich lese gerne Werke von Frauen, weil ich mich besser damit identifizieren kann.

    Es ist wichtig, dass Schwarze weibliche Stimmen auch in der Literatur präsent sind und deshalb ist es so wichtig, dass du dein eigenes Buch im Selbstverlag veröffentlicht hast. In einem Gedicht thematisierst du auch Schwarzsein auf eine poetische Art und Weise. Du schreibst „You scratch the black skin and it doesn’t turn red“. Wie ist dieses Gedicht entstanden und was willst du damit aussagen?

    Meine Tochter hat ganz spitze Nägel. Wenn sie mich kratzt, wird meine Haut grau. Du weißt ja, wie es manchmal ist. Ich habe mir das oft angeguckt und gedacht: Hammer! Wenn ich eine andere Hautfarbe hätte, dann wäre die Stelle wahrscheinlich rot. Wir sind tatsächlich so gemacht, dass man nicht sofort an unser Blut erinnert wird, wenn wir gekratzt werden. Das erste, woran ich gedacht habe, war, wie stark meine Haut ist. Verstehst du? Wie sie nicht sofort aufreißt oder Schmerzen widerspiegelt. Das steht metaphorisch für Schwarze Menschen im Allgemeinen. Wie viele Hürden Schwarze Menschen überwinden mussten, an denen sie aber nicht kaputt gegangen sind. Wir wurden dadurch einfach nur stärker und stärker. So ist das Gedicht zu verstehen.
    Schwarze Menschen sind stark, wir können viel ertragen. Es ist schade, dass wir es müssen.

     

    Hattest du da auch manchmal Zweifel oder Angst bei deinem Buchprojekt oder warst du da immer mit ausreichend Selbstvertrauen ausgestattet?

    Wusstest du, dass es sowas gibt wie ein Impostor-Syndrom?

    Ja, ich kenne es sehr gut sogar.

    Ich jetzt auch. Als alles fertig war und mir die Bücher nach Hause geschickt worden, habe ich sie mir angeschaut und meinte zu meinem Mann, dass ich noch einiges ändern muss. Und das tat ich, tagelang. Nichts war gut genug. Ich hatte definitiv ein Impostor-Syndrom. Ich fand es teilweise gut, weil es mich dazu gebracht hat, bestimmte Sachen rauszunehmen und andere neu hinzuzufügen. Es hat mich sensibler gemacht, für meine eigenen Gedichte.

    Es hat mich dazu gebracht, das Beste aus dem Buch herauszuholen. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich sagte: Okay, es ist gut. Das war eine Woche vor dem Launch. Mein Mann meinte dann zu mir, dass ich nichts mehr verändern soll. Ich habe in dieser Zeit gemerkt, dass Zweifel an der eigenen Kunst vorkommen, man aber genau wissen muss, weshalb man das macht.

    Was würdest du denn unseren Leser:innen auf den Weg mitgeben? Vor allem den Schwarzen Frauen, die selber schreiben und sich vielleicht nicht trauen, etwas zu veröffentlichen?

    In meinen Gedichten schreibe ich, dass es Teile von uns in einer anderen Person gibt und, dass es keine neuen Sachen unter der Sonne gibt. Das heißt, alles, was ich empfinde, das empfindet auch eine andere Person. Ich bin niemals die einzige Person, die das durchmacht, was ich durchmache. Wenn ich um vier Uhr morgens mein Kind stille, gibt es irgendwo eine andere Mutter, die auch aufstehen muss, um ihr Kind zu stillen.

    Und ich würde anderen Schreiber:innen einfach sagen: Das, was ihr durchmacht, durchlebt ihr nicht nur für euch. Schreibt also eure Wahrheiten, so authentisch wie möglich. Die die zu euren Tribe gehören, euer Stamm wird eure Stimme erkennen und sich angesprochen fühlen. Sie besitzen vielleicht nicht die Kunst zu schreiben, deshalb schreibt ihr für eine ganze Menschenmenge.

    Du meintest ja auch, dass dein größter Wunsch wäre, vom Schreiben leben zu können. Wo siehst du dich in fünf Jahren als Autorin?

    Ich möchte nicht nur als Poetin, sondern allgemein als kreative Schreiberin bekannt sein. Ich möchte, dass sich Leute fragen, was für ein Buch wird sie als nächstes rausbringen. Ein Briefroman oder ein normaler Roman? Sind es wieder Gedichte oder eine Ansammlung von Kurzgeschichten? Sind es Sagen oder Märchen? Ich möchte einfach alles Mögliche schreiben können, was es zu schreiben gibt und in fünf Jahren in vielen Abteilungen von Thalia vertreten sein. Ich möchte auch, dass meine Bücher übersetzt werden. Gerade übersetze ich „Mirror Mirror“ auf Deutsch und ich möchte natürlich erfolgreich damit sein.

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    Yeama

    Yeama Bangali, 27 lebt in Stuttgart und hat dort auch germanistische Literaturwissenschaft studiert. Dort sind ihr auch zum ersten Mal die Gedichte May Ayims begegnet, über die sie auch ihre Masterarbeit geschrieben hat. Neben ihres Studiums hat sie beim SWR als Radio- und Multimedia-Reporterin gearbeitet und war der festen Überzeugung im Journalismus zu landen. Sie flitzte dann für eine Weile nach Glasgow, um da mal die Luft dieser vielfältigen Kulturlandschaft zu schnuppern. Es hat sie aber dann doch in die Wissenschaftskommunikation eines Forschungsinstituts verschlagen. Still sitzen ist nicht so ihr Ding, deshalb schreibt sie in ihrer Freizeit Songs und andere Texte, singt und arbeitet eifrig an ihrem Projekt als Solokünstlerin. Tiefe Gespräche, Empowerment und ein Mitwirken in gesellschaftlichen Debatten ist ihr wichtig. Deshalb engagiert sie sich auch in der Stuttgarter Regionalgruppe der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland. 2014 hat sie mit ihrer Mutter den gemeinnützigen Verein Vision:Life e.V. gegründet, der sich für Kinder und Jugendliche in Sierra Leone einsetzt. Bei RosaMag liegen ihre Schwerpunkte auf afrodeutscher Literatur und Kultur sowie intersektionalem Feminismus.

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