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Schwarze Gründerinnen

Immer mehr Schwarze Frauen gründen und scheitern – wie können wir das ändern?

Bild: Luisa Konga; Fotograf: KNSY

Wie steht es um Schwarze Gründerinnen in Deutschland? 

Wenn dich etwas stört, dann mach es selbst. So lautet zumindest das Motto von Schwarzen Gründerinnen in den USA. Das State of Women-Owned Business Report kam zu dem Ergebnis, dass die Zahl der Unternehmen in Frauenbesitz von 2007 bis 2018 um 58 Prozent stiegen. Betriebe im Besitz Schwarzer Frauen erhöhten sich um 164 Prozent. Das entspricht dreimal so viel. In Deutschland gründet jede fünfte Person mit einem Migrationshintergrund, statt in eine feste Beschäftigung zugehen. Eines der Hauptgründe ist eine steigende Frustration im Arbeitnehmer*innen-Verhältnis und mangelnde Aufstiegschancen. Doch wie steht es um Deutschland? “Ich möchte unabhängig sein: zeitlich, räumlich und schlussendlich auch finanziell,” erklärt uns  Luisa Konga, die mit ihrem Unternehmen Yoga Konga, nachhaltige Yogawear produziert. Wir haben mit ihr und fünf weiteren Schwarzen Gründerinnen in Deutschland über ihre Hürden gesprochen, was sie von dem hartnäckigen Gerücht halten, dass Schwarze Menschen keine Schwarzen Unternehmen finanziell unterstützen und was hat es eigentlich mit der gläsernen Decke auf sich? 

So nah und doch so fern – Gründen als Aufstiegschance 

In den USA drängt ein problematisches Arbeitsklima Schwarze Frauen in die Selbständigkeit. Hinzu kommt das Phänomen der “gläsernen Decke”, die Verbildlichung der unsichtbaren Barriere, welches zulässt, dass Frauen zwar zum Greifen nahe an das Ziel der Karriereleiter kommen, es aber dennoch nicht bis ins Topmanagment schaffen. Denn ein Blick in die Führungspositionen zeigt: Frauen sind fast abstinent. Schwarze Frauen erst recht. Mit einem sichtbaren Migrationshintergrund ist der Weg nach oben doppelt so schwer. 

Ausnahmen gibt es natürlich. Janina Kugel, die bis August diesen Jahres Mitglied des Vorstandes von Siemens war sowie Leiterin des Personalwesens oder Niddal Salah-Eldin, die stellvertretende dpa-Chefredakteurin und Chefin für Innovation und Produkt ist – um nur zwei zu nennen.  Mit all diesen Erkenntnissen sollten wir eigentlich aus dem Häuschen sein, dass so viele Schwarze Frauen das Ruder selbst in die Hand nehmen und gründen. Natürlich folgt auf gute Nachrichten ein kleines Erwachen. 

Schwarze Gründerinnen in Deutschland

Martina Offeh beim Launchevent ihres Labels „Ashes and Soil“; Bild Ashes and Soil.

Unternehmen von Schwarzen Frauen erwirtschaften den geringsten Umsatz 

Der Umsatz von Unternehmen in Besitz von Schwarzen Unternehmerinnen ist schlechter, als der von ihren weißen weiblichen Counterparts. Hier beißt sich die Schlange wieder in den Schwanz. Die Gründe, der letztendlich einige Frauen motivierte ihre eigenen Chefinnen zu werden und sie davon abhält im Unternehmen aufzusteigen, hindert Schwarze Gründerinnen dann an ihrem wirtschaftlichen Erfolg: Mangelnde Zugänge, Kontakte und Netzwerke. Die Hintergrund-Käse-und-Wein-Deals, das obligatorische Ich-bringe-dich-ins-Gespräch Lunch, all das ist Teil des Geschäftsleben, fördert einen Wissens- und Erfahrungsaustausch und

macht Unternehmer*innen letztendlich erfolgreicher. Die Realität zeigt, dass all diese Kontexte weiterhin weiß, männlich und durch den Vater-die-Schwester-der-Bruder-von-Karriereboost (noch) dominiert wird. So viel so gut. Die nächste Überlegung wäre, dass Schwarze Menschen dazu übergehen könnten, ihren eigenen Kosmen an Vetternwirtschaft (Cousinenwirtschaft – wir brauchen einen Begriff dafür) aufzubauen? 

99 Prozent kaufen nicht von Schwarzen Unternehmer*innen 

Doch dann gibt es das hartnäckige Gerücht, dass Schwarze Menschen keine Schwarzen Unternehmen unterstützen. Finanziell zumindest. Zwar steigt die Kaufkraft von Schwarzen Menschen global an, doch sie geben weniger Geld für Black-Owned Businesses aus, als jede andere ethnische Gruppe der Welt. In Zahlen bedeutet es am Beispiel der USA: Ein Dollar zirkuliert 28 Tage lang in der asiatischen Gemeinschaft, 19 Tage in der jüdischen Gemeinde, 17 Tage in den WASP-(White Anglo-Saxon Protestants)-Communities und 7 Tage in hispanischen Gemeinden. Nun kommt es. Ein Dollar zirkuliert sage und schreibe sechs Stunden in der Schwarzen Community. Sechs Stunden! Das bedeutet, dass 99% der 1,3 Billionen Dollar Kaufkraft von Schwarzen Menschen in den USA außerhalb der Gemeinde ausgegeben werden. Black Empowerment hat seine Grenzen.  

Schwarze Gründerinnen

Susanne Luise Spahn in ihrem F.M. Alexander-Technik Studio; Bild Susanne Luise Spahn.

“Ein Großteil ist skeptisch, wenn es um Black Businesses geht” 

So viel zu den USA. Wie sieht die Unterstützung in der Bundesrepublik aus? “Ich halte von Gerüchten nicht so viel. Die Black Community muss anders angesprochen werden. Darüber hinaus ist es unabdingbar das Mittel geschaffen werden die unserer Community die Möglichkeit gibt Luxus oder Befindlichkeiten monetär zu stillen,” ist Magda Tedla, Ökotrophologin, Ernährungswissenschaftlerin und Gründerin von Magdas Food Programm, überzeugt. “Wenn jedoch jeder in der Community hustlet und letztlich nicht ausreichend Einnahmen hat, kann die Bereitschaft logischerweise nicht größer werden,” ergänzt sie. Ein Teufelskreis quasi. Auch Martina Offeh, Gründerin des Modelabels und der Ashes and Soil GmbH,  ist da geteilter Meinung: “Meine persönliche Erfahrung ist es, dass auch die sogenannte ‘Black Community’ bereit ist, für ein gutes qualitatives Produkt 

zu bezahlen und vielleicht sogar bereit ist mal mehr auszugeben, wenn es aus den eigenen Reihen kommt.” Auch die junge Gründerin Adelaide Wolters des ökologischen und veganen Kosmetikunternehmens Unrefined Riches ist überzeugt, dass die Schwarze Community in qualitative Produkte und Dienstleistungen investiert: “Wir kaufen ständig High End Kosmetik und teure Haare. Ein Großteil ist nur etwas skeptisch, wenn es um Black Businesses geht. Da es nicht viele davon gibt, begegnet man ihnen mit Skepsis und will sich vergewissern, ob sie legit sind. So sind aber natürlich nicht alle. Ich habe viele Schwarze Kundinnen und Kunden, die meine Produkte kaufen. Dies zeigt mir einerseits ihren Support und andererseits, dass meine Produkte ihnen wirklich helfen und einen Mehrwert im Kosmetikmarkt darstellen.” 

Fazit: Wie können Schwarze Frauen in Deutschland erfolgreich gründen? 

Schwarze Frauen haben es als Gründerinnen schwerer. Die Statistik zeigt, dass immer mehr ein Unternehmen aufbauen, aber sie werden höchstwahrscheinlich einen geringeren Umsatz erwirtschaften, als jede andere ethnische Gruppe – ob männlich oder weiblich. Die Käufergruppe, die ihnen helfen könnte, Schwarze Menschen, geben 99 Prozent ihres Geldes für weiße Unternehmen aus. Das ist ziemlich hart zu verdauen. Es ist schmerzhaft. Es ist demotivierend. Doch wir packen dieses Thema nicht an, um dir den Wind aus den Segeln zu nehmen. Nein. Wir müssen darüber reden, damit wir unser eigenes Konsumverhalten überdenken. Nur weil jemand ein Unternehmen für die Community aufbaut, heißt es nicht, dass es kostenlos sein muss. Immerhin zückst du deine Karte auch bei allen anderen Unternehmen. Die Gründerin vom Münchner-Studio für F.M. Alexander-Technik, eine Schulungsmethode,

die unsere Eigenwahrnehmung stärkt, Susanne Luise Spahn hat noch eine andere Sicht auf die Statistiken: “Von diesem Gerücht habe ich noch nichts gehört. Ich halte es für einen hässlichen Auswuchs von Rassismus, durch den eine ganze Community diskreditiert wird.” Da ist es wieder. Das böse R-Wort. Doch sie hat Recht. Wir müssen einander unterstützen, uns die Mühe machen, die besten, qualitativsten und großartigsten Produkte sowie Dienstleistungen von uns für uns zu schaffen. Während ich diese Zeilen schreibe, habe ich mich bei Luisa gemeldet. Ich denke seit einer Weile darüber nach, eine neue Yogamatte zu kaufen und sie hat mit Yoga Konga meine erste deutsche und Schwarze Option geschaffen. Wir stellen dir in den nächsten Wochen viele wundervolle Gründerinnen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz vor. Es ist an der Zeit, dass wir unsere 99 Prozent reinvestieren. 

Gib deinen Senf dazu!