Masolopod: “Wir wollen Schwarze Menschen zentrieren”
“Ein Gespräch unter Freundinnen, nur steht dazwischen ein Mikro”. So würden Adelina, Nadine und Ladivine Masolopod beschreiben, den Podcast, den die Berlinerinnen Anfang 2020 ins Leben riefen. Masolo bedeutet “Gespräch” auf Lingala “Wir besprechen die Dinge einfach, wie wir sie wahrnehmen”, sagt Adelina dazu. In der ersten Folge ging es um den Film Queen & Slim. Seitdem veröffentlichen die 27-jährigen Hosts im Zwei-Wochen-Takt neue Folgen rund um Popkultur, Musik, Entertainment und Black Culture. Im Gespräch mit RosaMag verraten Nadine, Ladivine und Adelina, warum es vielen deutschen Musik- und Lifestyle-Podcasts an Authentizität fehlt und welche Vision sie mit Masolopod verfolgen. Außerdem erzählen sie, warum sie sich an Schwarze Menschen richten und kein Interesse daran haben, Aufklärungsarbeit für weiße Menschen zu leisten.
Könnt ihr euch unseren Leser*innen einmal vorstellen?
Nadine: Mein Name ist Nadine. Ich arbeite im Kulturbereich, koche gerne und bin Host von Masolopod.
Ladivine: Ich bin Ladivine und studiere noch. Ansonsten arbeite ich als Social Media Managerin in einem Berliner Start-up und mache nebenbei noch Masolo.
Adelina: Und ich bin Adelina, Musikenthusiastin, Host von Masolo und Konzepterin von Beruf. Das heißt, ich mache alles, was mit Marketing zu tun hat.
Welche Themen deckt ihr mit Masolopod ab?
Ladivine: Wir besprechen die Themen, die wir auf unserer Timeline sehen, sei es auf Twitter, Instagram oder TikTok. Das heißt, wir beschäftigen uns mit Themen, die Schwarze Frauen, Schwarze Kultur, afrikanische Kultur betreffen. Dabei war es uns immer wichtig, uns nicht zu verstellen. Wir wollen in einer Sprache sprechen, die Alle erreicht, ohne zum Beispiel ständig akademische Worte zu benutzen. Wir kommen nicht daran vorbei über weiße Fuck-ups zu sprechen, sind aber keine Expertinnen zu Rassismus- oder Diskriminierungserfahrungen. Wir sind nicht da, um Aufklärungsarbeit für Weiße zu leisten.
Nadine: Wir sprechen über Popkultur, Entertainment und Musik, auch weil wir gemerkt haben, dass das in Deutschland eine Marktlücke ist. Vor allem bei deutschsprachigen Podcasts, die von Schwarzen Leuten geführt werden. Natürlich kommen wir an politischen Themen nicht vorbei, aber das ist nicht unser Main Focus. Masolo sollte nie zu politiklastig werden. Außerdem wollen wir Schwarze Menschen zentrieren.
Wie schätzt ihr die deutsche Podcast-Szene derzeit ein?
Adelina: Ich höre vorrangig Podcasts aus UK. Dort dominieren Schwarze Menschen die Popkultur-Szene. In Deutschland ist es umgekehrt: Rassismus und gesellschaftskritische Themen werden von Schwarzen besetzt und Lifestyle-Themen machen Weiße und das ehrlicherweise ziemlich schlecht.
Warum?
Adelina: In der DACH-Region sprechen immer die gleichen Menschen über Musik und Popkultur. Die Formatideen sind nicht besonders einfallsreich. Meist sind sie nur ein schlechter Abklatsch von anderen internationalen Formaten. Ich sage nicht, dass wir mit Masolo etwas komplett Neues machen, aber wir bringen unseren eigenen Twist mit.
Nadine: Musik wurde uns von unseren Eltern in die Wiege gelegt. Damit sind wir aufgewachsen. Bei vielen Podcasts, die sich in Deutschland mit Schwarzer Kultur beschäftigen, merkt man, dass sie auf einen Zug aufspringen, obwohl sie keine echte Expertise haben.
Ladivine: Hip Hop zum Beispiel ist Schwarze Kultur. In Deutschland werden die erfolgreichsten Hip Hop Podcasts aber von weißen Menschen gemacht.
Adelina: Diesen Podcasts fehlt es oft an Authentizität. Was Content Creation im Bereich Popkultur und Musik anbelangt, ist Deutschland im europäischen Vergleich sowieso noch sehr weit hinten. Wer sich regelmäßig Podcasts oder YouTube Content von Creators aus anderen Ländern anhört und anschaut, merkt den Qualitätsunterschied.
Und was fehlt euch bei anderen Schwarzen und afrodiasporischen Podcasts momentan?
Ladivine: Wir sind nicht deren Zielgruppe. Die machen zwar alle gute Arbeit, aber am Ende immer wieder das Gleiche: Aufklärungsarbeit zu Rassismus. Dabei haben wir als Schwarze Menschen so viel mehr Themen, über die wir sprechen können. Ich muss mir keinen Podcast zu Rassismuserfahrungen anhören, ich kenne das alles schon aus meinem Leben. Das brauche ich in meiner Freizeit nicht.
Wie muss sich die Musik- und Lifestyle-Berichterstattung in Deutschland verändern?
Ladivine: Ich wünsche mir zum Beispiel eine Musikplattform in Deutschland, auf der Schwarze Menschen Reviews von Alben veröffentlichen. Bei den meisten Reviews zum neuen Kendrick Lamar Album von weißen Menschen dachte ich mir zum Beispiel nur: You didn’t get it.
Ladivine: Den alten Hasen ist nicht bewusst, dass eine neue Generation heranwächst, die vor allem, was schwarze Musikkultur anbelangt, viel strenger und feinfühliger ist. Deshalb braucht es neue Ideen. Aber Masolo kann das nicht alleine machen. Wir müssen uns gegenseitig pushen. Nur so bekommen wir in Deutschland die Medienkultur, von der wir im Ausland immer wieder schwärmen.
Nadine: Das würde auch den Druck von uns nehmen. Von uns wird oft erwartet, dass wir über bestimmte Themen sprechen, damit sie abgedeckt sind. Wir wünschen uns aber, dass auch andere diese Dinge ansprechen.
Ladivine: Wir sind sehr outspoken und opinionated, aber wir wollen nicht den Attack Dog spielen. Wenn wir Sachen ansprechen, sprechen wir sie an, weil wir das wollen und etwas dazu zu sagen haben.
Wen wollt ihr mit Masolopod erreichen?
Adelina: Alle können uns hören, aber natürlich werden Schwarze, afrikanische, insbesondere kongolesische und angolanische Menschen unseren Content am besten verstehen.
Ladivine: Wir kommen halt aus diesen Ländern, deshalb hört man die Einflüsse hier und da auf jeden Fall. Wenn ich mir The Big Picture anschaue, würde ich sagen: in erster Linie Schwarze Menschen, weil wir aus unserer Perspektive erzählen. Wir haben aber auch Zuhörer*innen, die nicht Schwarz sind.
Und warum braucht die deutsche Podcast-Landschaft Masolo?
Adelina: Oft hat man das Gefühl, nicht-weiße Leute müssten eine bestimmte Sprache sprechen, eine bestimmte Laufbahn gegangen sein oder einen bestimmten Hintergrund haben sollen, um in der Medienwelt gehört zu werden. Dabei braucht es das gar nicht. Niemand kann mir sagen, dass die Menschen, die in der Medienwelt arbeiten, zu Hause so reden wie bei der Arbeit. Wir wollen das normalisieren.
Nadine: Wir schaffen es außerdem, eine jüngere Generation anzusprechen. Meine kleine Schwester hört Masolo. Sie würde sich aber nie im Leben andere deutsche Podcasts anhören. Ihre Freund*innen genauso. Wir richten uns an eine Generation, die nicht unbedingt aus Akademiker*innen besteht.
Ladivine: Ich wollte immer in den Medien arbeiten. Als ich jünger war, war ich Teil von Grand Méchant Loup, einem Jugend-Multimedia Projekt. Als das vorbei war, wusste ich nicht, wie ich in dem Bereich weiter arbeiten kann, dachte ich muss erstmal was anderes machen. Deshalb braucht es Formate wie Masolo, um jungen Menschen Möglichkeiten in den Medien zu zeigen. Es gibt so viele kreative Schwarze Menschen, die einfach nur einen Zugang in die Branche brauchen. Gatekeep Black Culture to others, aber innerhalb der Community sollten wir alle Türen füreinander aufhalten. Auch wenn wir sehen, dass es Türen gibt, hinter denen Schwarze Menschen sitzen, die gar kein Interesse haben, neue Menschen reinzulassen.
Wie können die RosaMag Leser*innen euch unterstützen?
Nadine: In erster Linie: Hört unseren Podcast, gebt Bewertungen ab, speichert unsere Beiträge auf Instagram, liket sie, kommentiert. Wir haben inzwischen auch einen Paypal-Account für die Menschen, die uns finanziell unterstützen wollen.
Ladivine: Wir freuen uns auch über DMs und Feedback. Don’t be shy. Wir haben unpopular opinion Folgen, wo wir unsere Zuhörer*innen nach ihrer Meinung fragen. Das kann auch anonym sein.
Und was ist eure Vision mit Masolo?
Adelina: Masolo soll der Name für Schwarze Kultur in der DACH-Region werden. Wenn Menschen an Schwarze Musik, Fashion oder Trends denken, sollen sie an Masolo denken.
Ladivine: Wir würden auch gerne Events veranstalten und hosten. Vor ein paar Wochen haben wir unseren ersten Summer Cookout veranstaltet und sehr gutes Feedback bekommen.
Ihr macht das inzwischen seit zwei Jahren. Werdet ihr manchmal auch müde?
Nadine: Wir sind überhaupt nicht müde. Im Gegenteil: Wir wollen mehr. Das Allerwichtigste ist, dass uns Masolo weiterhin Spaß macht und das tut es.
Adelina: Ich bin stolz darauf, was wir in den letzten Jahren schon erreicht haben, aber für uns geht es jetzt erst richtig los.
Celia
Celia Parbey ist Berlinerin und Afrikawissenschaftlerin. Sie arbeitet als Redakteurin bei ZEIT ONLINE und frei für verschiedene Online- und Printmagazine. Außerdem ist sie Redaktionsleiterin vom RosaMag, einem Online- Lifestylemagazin für Schwarze FLINTA* im deutschsprachigen Raum. Sie schreibt zu den Themen: Koloniale Kontinuitäten, Intersektionalität, Feminismus und Rassismus.
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