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    Mixed Messages: Beweis es!

    Mixed Messages: Beweis es!

    Bild: Unsplash

    Mein Halbbruder hat eine sierra-leonische Mutter, unser gemeinsamer Vater stammt aus demselben westafrikanischen Land. Seit seinem vierten Lebensjahr wuchs mein Bruder in London auf und nun, als erwachsener Mann mit Anfang 30, zieht es ihn immer öfter zurück in seine alte Heimat, Freetown. Als professioneller Tänzer organisiert er dort tanzpädagogische Workshops, aber auch Empowerment- und Entrepreneurship-Programme im Rahmen eines von ihm gegründeten Vereins für junge Menschen in Sierra Leone. Mein Bruder möchte so seinen Beitrag für das Land seiner Eltern leisten.

    Hier und da hörte mein Bruder bei seiner Netzwerkarbeit in Westafrika den Satz, dass er optisch eher einem Südafrikaner ähnele. Wenn er erwiderte, Sierra-Leoner zu sein, entgegnete man ihm begleitet von einem skeptisch-mürrischen Blick: „Prove it.“ – „Beweis es.“

    Beweise müssen wir nicht nur vor Gericht liefern

    Die Beweislast begegnet uns nicht nur in einem gerichtlichen Prozess. Tagtäglich müssen wir die Beweisführung zu unserer Identität antreten: Wir melden uns am Telefon mit unserem Namen oder bestätigen diesen auf Nachfrage. Wir weisen uns bei der Kontrolle an Flughäfen aus. Wir erbringen dem Finanzamt Nachweise über unser Einkommen. Wir beweisen durch Anklicken aller Bildfelder, die ein Auto zeigen, dass wir kein Roboter sind. Noch öfter treten wir allerdings eine Beweisführung an, die sich nicht so leicht mit Pässen, Passwörtern und Captchas vollziehen lässt: Wir müssen anderen beweisen, dass wir dazugehören.

    Heutzutage ist die Last der Zugehörigkeiten mannigfaltig. Wir definieren uns über Leistung, Status und dessen Objekte, über unseren Konsum, Lifestyle, unsere Work-Life-Balance. Mit all dem gehen Codes bestimmter Gruppenzugehörigkeiten einher. Codes, so werden in den Sozial-, Kultur- und auch Wirtschaftswissenschaften unausgesprochene Regeln und Konventionen genannt. Sie müssen wir beherrschen, um uns als Teil einer Gruppe auszuweisen. Wer den herabschauenden Hund für ein Haustier mit gesenktem Kopf hält, hat in der Gruppe urbaner Yogis nichts verloren. Wer Game of Thrones nicht gesehen hat, denen stehen Reaktionen bevor, die noch kälter sind als der darin viel zitierte Winter.

    https://rosa-mag.de/mixed-messages-aufraeum-expertin-fuer-cliche-kommoden/

    Hier geht es zur ersten Kolumne von „Mixed Messages“.

    Mehrfachzugehörigkeit erhöht die Beweislast

    Wenn es um tief verwurzelte, gar verkrustete Zugehörigkeitskonzepte wie kulturelle Identität geht, droht einem der Wind der Skepsis noch eisiger entgegenzuwehen. Insbesondere, wenn man mehrere Zugehörigkeiten beansprucht und damit einerseits eine Schnittmenge bildet und andererseits droht, von allen Gruppen abgeschnitten zu sein. Diese Konstellation der „Mehrfachzugehörigkeit“ – wie bei uns Afrodeutschen – erhöht die Beweislast.

    Das Misstrauen, welches meinem Bruder im Herkunftsland unseres Vaters entgegenschlägt, kenne auch ich. Es ist das Gefühl, auf dem Prüfstand zu stehen, eine latente Bringschuld schwingt mit. Selten fordert man mich zwar auf und sagt mir ins Gesicht: „Beweis es!“. Doch wenn ich zuallererst auf Englisch angesprochen werde, ich aber auf Deutsch antworte, steht meinem Gegenüber der Zweifel ins Gesicht geschrieben: „Aha, sie spricht deutsch – warum?“. Meine Antwort in diesem stummen Dialog lautet: „Weil ich dazugehöre.“

    Freispruch von der Bringschuld

    Sollten wir uns nicht viel öfter einmal von der Bringschuld selbst freisprechen, die Beweisführung zu unserer Zugehörigkeit abschließen? Reicht es nicht, nur die Fakten und Indizien für sich sprechen zu lassen? Wir sind hier – ist das als Beweis unserer Identität nicht schon mehr als genug?

    Auch in Sierra Leone steht für mich nun meine Gruppenzugehörigkeit auf dem Prüfstand, denn im Gegensatz zu meinem Bruder bringt etwas Wesentliches meine Beweisführung, zu Sierra Leone zu gehören, ins Wanken: meine helle Hautfarbe. Bei meinem ersten Besuch  des Landes im vergangenen Jahr wurde ich von Nicht-Familienmitgliedern zumeist ausschließlich als Europäerin wahrgenommen und behandelt. Mein erster Schritt, dem entgegenzuwirken, führt über knallharte Indizien: Bis zu meiner nächsten Reise erhalte ich meinen sierra-leonischen Pass. Für den Anfang sollte dieser Beweis genug sein.

    Katharina_Linnepe

    Katharina

    Katharinas Lebensthema ist Kommunikation. Sie arbeitet rund ums geschriebene und gesprochene Wort – als Journalistin, Moderatorin, Sprecherin, aber auch als Übersetzerin und Lektorin. Mit RosaMag und ihrer Kolumne „Mixed Messages“ findet sie ein Sprachrohr, um ihre Gedanken und Erfahrungen als Frau mit deutscher Mutter und sierra-leonischem Vater zu teilen.

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