Rosapedia: Was bedeutet internalisierter Rassismus?
Afrikaner*innen sind immer so laut, deshalb machen wir eine Silent Demo. Als wir diese ungefähre Formulierung auf Instagram sahen, diskutierten wir im RosaMag-Team über ein Phänomen, das du vermutlich kennst: Internalisierter Rassismus. Dabei handelt es sich um die Akzeptanz von negativen gesellschaftlichen Überzeugungen und Stereotypen über sich selbst, als marginalisiert und rassifizierte Bevölkerungsgruppe. Sprich: Du bagatellisiert Rassismus, obwohl du davon betroffen bist. Gleichzeitig unterstützt du es. Wir alle haben das vermutlich schon erlebt, von rassistischen Witzen, über die wir gelacht oder die wir sogar selbst erzählt haben, um unserem Gegenüber voraus zu sein oder der Satz, “Ich sehe keine Farben.” Wenn du als Schwarze Person Rassismus internalisiert, dann erhälst du das White Supremacy aufrecht, erklärt die Autorin Donna K. Bivens. Bivens ist überzeugt, dass internalisierter Rassismus ein ganz eigenes System ist. Mit Belohnungen und Konsequenzen. Wie das genau funktioniert und was Colorism damit zu tun hat, erfahrt ihr in unserer neuen Rosapedia Folge!
Selbststereotypisierung versus Internalisierter Rassismus?
Internalisierter Rassismus funktioniert, unabhängig davon, ob sich die Person dessen bewusst ist oder nicht. Er kann sich auch durch die Ablehnung der kulturellen Praktiken der eigenen ethnischen oder rassifizierenten Gruppe bemerkbar machen. Wenn man sich mit bestimmten Aspekten des individuellen und familiären Schwarzseins quasi nicht auseinandersetzen will. Wenn die negativen Stereotypen in das Selbstkonzept eines stigmatisierten Individuums aufgenommen werden, wird dieser Prozess als Selbststereotypisierung bezeichnet. Das heißt man spielt mit Klischees. Ist extrem witzig, extra laut – tut alles um beispielsweise der popkulturellen Darstellung dieses homogenen Bildes vom “Schwarzsein” zu entsprechen. Während Rassismus zu einem System struktureller Vorteile führt, das als White Privilege bezeichnet wird, so führt internalisierter Rassismus zu einem System struktureller Benachteiligung, das auf Inter- und Intra-Gruppen-Ebene verlaufen kann, was wir uns später noch genauer anschauen werden.
Aber davor gibt es noch einen wichtigen Faktor: Donna K. Bivens erklärt, dass Schwarze Menschen keinen Einfluss darauf haben, ob weiße Menschen sich dem rassistischen System oder ihrer Privilegien bewusst werden. Der größte Beitrag, den Schwarze Menschen zum Abbau von Rassismus und dem daraus resultierenden Privilegien von der weißen Mehrheitsgesellschaft leisten können, besteht darin, verinnerlichten Rassismus wahrzunehmen, anzuerkennen und abzubauen. Bivens proklamiert, “unsere volle Menschlichkeit, Macht und Weisheit als Mitschöpfer*innen einer antirassistischen Gesellschaft und Kultur zu beanspruchen und hervorzubringen.
Um internalisierten Rassismus zu verstehen und zu bekämpfen, ist es wichtig, sich dreier wichtiger Dinge bewusst zu sein.
1. Wenn Schwarze Menschen Opfer von Rassismus werden, verinnerlichen sie ihn.
Das heißt, wir entwickeln Ideen, Überzeugungen, Handlungen und Verhaltensweisen, die Rassismus unterstützen oder mit ihm kollabieren. Dieser verinnerlichte Rassismus hat seine eigene systemische Realität und seine eigenen negativen Folgen im Leben und in den Gemeinschaften von Schwarzen Menschen. Mit anderen Worten: So wie es ein System gibt, das die Macht weißer Personen stärkt und ihre Privilegien ausweitet, so gibt es auch ein System, das die Macht von Schwarzen Menschen und Gemeinschaften aktiv entmutigt und untergräbt und uns in unserer eigenen Unterdrückung beschämt. Was Bivens damit meint, ist das Schwarze Einzelpersonen, Institutionen und Gemeinschaften oft unbewusst und gewohnheitsmäßig dafür belohnt werden, dass sie die Privilegien und die Macht der weißen Mehrheitsgesellschaft unterstützen, aber bestraft und ausgeschlossen, wenn sie es nicht tun.
2. Internalisierter Rassismus ist eine systematische Unterdrückung
Er muss von menschlichen Wunden wie Selbsthass, Imposter Syndrom oder einem schlechten Selbstwertgefühl unterschieden werden, für die alle Menschen anfällig sind. Es ist wichtig, ihn als systemisch zu verstehen, denn das macht deutlich, dass er nicht nur ein Problem von Einzelpersonen ist. Er ist strukturell. So müssen Schwarze Menschen selbst, die ein „hohes Selbstwertgefühl“ haben, mit dem verinnerlichten Rassismus ringen, der uns, unsere Lieben, unsere Institutionen und unsere Gemeinden infiziert. Internalisierter Rassismus muss also als ein System verstanden werden, mit dem Menschen und Gemeinschaften of Color in der gleichen Weise zu kämpfen haben, wie selbst die engagiertesten antirassistischen weißen Personen weiterhin persönlich und in der Gemeinschaft mit ihren eigenen und den Privilegien anderer weißer ringen müssen, bis unser bestehendes rassistisches System abgeschafft und ersetzt wird.
3. Verinnerlichter Rassismus wirkt sich auf Schwarze Menschen intrakulturell und interkulturell negativ aus.
Da Race ein soziales und politisches Konstrukt ist, das aus bestimmten Geschichten der Herrschaft und Ausbeutung zwischen Völkern hervorgeht, führt der internalisierte Rassismus der Schwarze oft zu großen Konflikten zwischen und unter ihnen, da andere Machtkonzepte – wie Ethnizität, Kultur, Nationalität und Klasse – in Missverständnissen zusammenbrechen. Besonders wenn Race mit Nationalität und Ethnizität verwechselt wird, manifestiert sich internalisierter Rassismus oft darin, dass verschiedene kulturelle und ethnische Gruppen, wegen der knappen Ressourcen, gegeneinander ausgespielt werden und der den Rassismus für Menschen übrig lässt, die keine weißen Privilegien haben. Dadurch kann eine Hierarchie entstehen, die auf der Nähe zur weißen Norm beruht. Gleichzeitig lähmt es uns alle in unserem Versuch, eine Gesellschaft zu schaffen, die für uns alle funktioniert.
Diese Definition von verinnerlichten Rassismus, die systematisch und strukturell ist, soll nicht dazu dienen, „dem Opfer die Schuld zu geben“. Sie soll auf die einzigartige Arbeit hinweisen, die Schwarze Menschen in uns und unseren Gemeinschaften leisten müssen, um Rassismus und das Privileg der Weißen wirklich zu bekämpfen.
Das bedeutet nicht, nur weil ich in einem rassistischen System lebe, dass ich es auch verstehe. Auch wenn es gegen mich arbeitet, kann ich es unterstützen. Da die Erfahrungen mit strukturellem Rassismus immer verwirrender, komplexer und undurchsichtiger werden, ist es unerlässlich, ist es relevant, dass wir uns dem Diskurs und der Fragestellung von Internalisierten Rassismus stellen, ohne einander zu be- und entwerten. Ich habe viel über den Begriff “Wokeness” gesprochen und wie er instrumentalisiert wird, um die ganz eigene, intime Politisierung zu hierarchisieren.
Das People of Color unser Verständnis des verinnerlichten Rassismus erforschen und vertiefen. Je mehr antirassistische Weiße sich über das Weißsein, das Privileg der Weißen und das „Arbeiten“ mit Weißen im Klaren sind, desto freier werden Schwarze Menschen, um über unser physisches und psychisches Trauma vom Rassismus hinauszuschauen. Wir können uns dann auf andere Herausforderungen für unsere Fähigkeit und Notwendigkeit konzentrieren, das zu schaffen, was wir für uns selbst, unsere Gemeinschaft, unsere größere Gesellschaft und unsere Welt wollen. Die Folgen von internalisierter Rassismus können ein
- Geringes Selbstwertgefühl
- Rassistische Vorurteile oder Stereotypisierung auf der Basis von Colorism
- Selbsthass
Doch diese Symptome können auch unabhängig davon entstehen. Also somit beschreibt Internalisierter Rassismus nicht explizit die Gefühle, sondern es handelt sich um die Beschreibung, in einem rassistischen System zu sein, wenn eine vom Rassismus unterdrückte rassifizierte Gruppe die Vormachtstellung unterstützt. Sprich, wenn Schwarze Menschen Rassismus unterstützen.
Ciani
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