Rosellas im Portrait: Alice Hasters
„Man wird schnell zur Rassismusexpertin gemacht, ob man will oder nicht. Doch nicht alle Schwarze Journalist*innen möchten über Rassismus oder Migration berichten. Eine Karriere als Schwarze Journalistin in anderen Bereichen zu machen ist nach wie vor schwer,“ – Alice Hasters ist Journalistin, Podcasterin und nun Autorin – im Sommer kommt ihr Buch “Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen“ heraus. Alice ist intelligent, tiefgründig und hat die Fähigkeit, jedem Menschen ein wundervolles Gefühl zugeben. Wir haben mit der frisch zugezogenen Berlinerin über die Herausforderungen als Schwarze Journalistin gesprochen, über ihren Podcast Feuer und Brot und wie ihre persönlichen Erfahrungen in ihre Arbeit fließen.
Wie hast du dich durch das Schreiben verändert?
Da ich gerade über eigene Rassismuserfahrungen schreibe, bin ich gezwungen mich sehr stark mit mir auseinander zusetzten. Das ist eine sehr eitle Arbeit. Ich finde es erstaunlich, wie schwer mir das teilweise fällt. Wie stark die innere Stimme ist, die sagt: „Wen interessiert deine Meinung? Du bist unwichtig und unfähig“ Obwohl ich das Glück habe viel Unterstützung, Förderung und Zuspruch zu bekommen. Trotzdem will ein Teil von mir alles hinschmeißen, weil ich verinnerlicht habe, dass ich es nicht verdiene. Es erschreckt mich, wie stark internalisierte Unterdrückung ist. Der größte Kampf gerade, ist der gegen mich selbst. Das nervt mich richtig. Ich verfluche das Patriarchat und White Supremacy täglich dafür!
Wie identifizierst du dich?
Kommt auf den Kontext an. Meist als Schwarz. Manchmal als Mixed. Als Afroamerikanerin und Deutsche. Man kann mich auch gerne Afrodeutsch nennen, obwohl ich mich selbst eher selten so bezeichne. Bei Afrodeutsch fällt der USA-Teil meiner Identität weg. Das ist der Teil, der darauf hinweist, dass meine Vorfahr*innen entführt, versklavt und ihrer afrikanischen Identität beraubt wurden. Dieser Teil ist mir aber wichtig. Trotzdem sehe ich mich auch als Teil der Afrodeutschen Commuinty. It’s complicated.
Was ist deine Botschaft?
Ich möchte, dass Leute sich weniger allein und mehr verstanden fühlen. Ich will, dass Leute etwas lernen. Ich habe mich in dieser Gesellschaft oft missverstanden, übersehen und nicht adäquat gefühlt. Es hat so lange gebraucht, bis ich verstanden habe, welche Rolle Rassismus und Sexismus darin gespielt haben und ich bin noch dabei es herauszufinden. Ich möchte dazu beitragen, Raum und Sichtbarkeit für Schwarze Menschen in Deutschland zu schaffen.
Gab es einen Schlüsselmoment, wegen dem du gestartet hast?
Es war ein schleichender Prozess. Aber die Bundestagswahl war wohl ein Schlüsselmoment.
Was macht deine Arbeit aus?
Ich interessiere mich für Ungerechtigkeit und für menschliches Verhalten. Ich finde es spannend, wozu Menschen fähig sind, welche Konstrukte sie erschaffen, um sich die Welt zu erklären. Und ich liebe Storytelling. Das alles versuche ich in meine Arbeit einfließen zu lassen.
Wie lange gibt es schon Feuer&Brot?
Seit drei Jahren.
Wie ist der Podcast entstanden?
Maxi ist seit 20 Jahren meine beste Freundin. Wir sind zusammen aufgewachsen und zur Schule gegangen. Als Maxi und ich beide nicht mehr in unserer Heimatstadt Köln wohnten, haben wir uns immer seltener gesehen, dafür wurden unsere Gespräche immer länger. Wir haben irgendwann mal beschlossen sie aufzunehmen und zu veröffentlichen, weil wir beide große Podcastfans waren.
Was ist euer Ziel mit dem Podcast?
Als wir anfingen hatten wir kein wirkliches Ziel. Wir wollten es einfach mal ausprobieren. Mittlerweile steht Feminismus und Popkultur bei uns im Fokus. Uns interessiert es, dahin zu schauen wo es ein wehtut. Wir wollen Menschen die Angst über den Diskurs zu struktureller Diskriminierung nehmen. Doch auch wir haben immer noch eine Menge zu lernen und entwickeln und ständig weiter.
Was ist für dich deine größte Errungenschaft?
Dass ich es 2014 auf die Deutsche Journalistenschule in München geschafft habe, war für mich ein großes Ding. Es war das erste Mal, dass ich etwas nachgegangen bin, was ich wirklich machen wollte. Ich habe allerdings das Gefühl meine größte Errungenschaft liegt noch vor mir.
Inwiefern fließen deine persönlichen Erfahrung in deine Arbeit hinein?
Gerade schreibe ich viel über mich, auch weil ich mich nicht traue für andere zu sprechen. Aber wenn das Buch vorbei ist, möchte ich wieder mehr die Geschichten anderer Leute erzählen. Wie gesagt, ich nerve mich selbst schon.
Welchen Herausforderungen müssen sich Schwarze Journalistinnen heute stellen?
Schwarze Menschen und PoC werden in vielen Berichterstattungen noch sehr einseitig dargestellt. Oft rückt ihre Menschlichkeit in den Hintergrund. Ich fühle mich manchmal besonders verantwortlich dafür, dem entgegenzuwirken. Außerdem wird einem schnell unterstellt, dass die eigene Perspektive weniger neutral sei, als die von weißen Menschen, insbesondere weißen Cis-Männern.
Man wird schnell zur Rassismusexpertin gemacht, ob man will oder nicht. Doch nicht alle Schwarze Journalist*innen möchten über Rassismus oder Migration berichten. Eine Karriere als Schwarze Journalistin in anderen Bereichen zu machen ist nach wie vor schwer.
Und zum Schluss: Was steht bei dir demnächst an?
Ich bin selbst gespannt, wie die nächsten fünf Jahre werden. Ich denke da etwas kleinschrittiger. Also, im September kommt mein Buch raus. Es heißt: Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten“ Und ich ziehe jetzt nach Berlin. Danach schauen wir mal.
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