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ROSAMAG ist ein Online-Lifestylemagazin, dass afrodeutsche Frauen und Freunde informiert, inspiriert und empowert. ROSAMAG porträtiert die facettenreichen Lebenswelten der modernen schwarzen Frau. Von natürlichen Pflegetipps für Afrolocken, inspirierenden Interviews, mitreißenden Kommentaren und beflügelnden Reportagen - Wir zelebrieren afrodeutsche Frauen! Wir möchten Vorbilder schaffen und unsere Diversität zeigen.

    Wechseljahre

    Wechseljahre. Da. Ich hab’s gesagt.

    Ich nicht, habe ich immer gedacht. Ich nicht. Sollen doch die Anderen schwitzen und Hitzewallungen kriegen. Ich mache da nicht mit. Ist mir zu blöd, ist mir zu unsexy (ja, ich war da nicht sehr reflektiert), sehe ich ja überhaupt nicht ein, dachte ich. Das hat auch eine Weile wirklich gut geklappt, aber ein paar Wochen nach meinem fünfzigsten Geburtstag wurde es mir, ohne Vorwarnung mitten im Januar sehr warm. Erst schob ich es auf den Grobstrickpullover, den ich morgens beim getting ready noch als angenehm kuschelig empfand, aber als es mir kurz nach dem Warmwerden schlagartig wieder kalt wurde und sich das Ganze im Laufe des Tages noch mehrmals wiederholte sah ich ein, dass es wohl nichts mit meiner Kleiderauswahl zu tun hatte. Und jetzt? – nehme ich euch mit in das Wechseljahrwunderland, die Pubertät für die erwachsene Frau. Zieht euch warm an- ach nein, vielleicht doch lieber nicht.

    Die große Leere

    Das Wochenende verbrachte ich dann damit, die Literatur und Google nach nützlichen Informationen rund um die Perimenopause, also die Zeit, bevor die Menopause eintritt , zu durchsuchen und wollte schon nach kurzer Zeit schreiend in kleinen Kreisen durch die Wohnung rennen. Da das Katzen und Partner beunruhigt hätte, habe ich mir einen Kamillentee gekocht und intensiv nachgedacht. Der allgemeine Grundkonsens der Artikel war nicht hilfreich, weil er (hello again) die Realität Schwarzer und Indigener Frauen ausklammerte. Darüber hinaus (hello again) machten fast alle Veröffentlichungen zum Thema ihren Nullabgleich an der vorherrschenden jugendzentrierten Kultur. aber das hieß ja nicht, dass meine Tanten, Mütter und Großmütter nicht vorher schon an dem Punkt waren, wo ich jetzt bin und ihre Erfahrungen mit dem Eintritt in den #covenofcrones gemacht haben. Es musste also Wechseljahre Wissen und Navigationstips jenseits der konventionellen Gynäkologie geben und ich hatte mir fest vorgenommen, es zu finden

    Faktencheck

    Das gynäkologische Leben der Menschen, die bei der Geburt als Frau identifiziert werden, wird in appetitliche kleine Häppchen der Nutzbarkeit ihres Fortpflanzungspotential aufgeteilt. Allein diese Feststellung ist ein komplettes Kapitel für sich. Geht es nur mir so oder hat sich schon einmal jemand anderes gefragt, warum vor allem wir Frauen chronologisch so an der Betriebsamkeit unserer Eierstöcke festgetackert werden? Wann hat sich die Idee durchgesetzt, dass die Phasen unseres Lebens untrennbar mit der Funktion unserer weiblichen Organe verknüpft sind? Wieso treten Modelle, die die Lebensabschnitte von Menschen anders aufteilen in den Hintergrund?
    Wieso wird das Leben der Frau damals und heute primär durch diese Brille betrachtet? Was bedeutet eine solche Sichtweise für die Frauengesundheit und für ihren Anspruch auf Unversehrtheit und ganzheitliche Wahrnehmung? Müssen wir uns nicht, wenn es um Schwarze Frauengesundheit geht, genau diese Frage stellen, um informierte Entscheidungen zu treffen?

    In der Wissenschaft des globalen Nordens sind die Wechseljahre wie folgt, als „Phase der hormonellen Umstellung des weiblichen Körpers bedingt durch das langsame, stetige Erlöschen der ovariellen Funktion (= Funktion der Eierstöcke) definiert. Die Wechseljahre beginnen meist zwischen dem 45.–55. Lebensjahr und dauern ungefähr 10 Jahre an. Bei vielen Frauen kommt es nicht nur zu körperlichen, sondern auch zu psychischen Veränderungen. -“.

    Wo soll’s denn hingehen?

    Diese Zeit lässt sich in die Phase der Perimenopause aufteilen, in der Frau noch, wenn auch irregulär- menstruiert und die Phase der Menopause, in der sie seit 12 Monaten keine menstruelle Blutung mehr gehabt hat. Ob eine in der Menopause ist, weiß sie also eigentlich immer erst, wenn sie sich schon länger dort befindet. Ich fand das als Standortbeschreibung jetzt nicht unbedingt hilfreich. Wie die einzelne Frau die Wechseljahre erlebt und wie sich die körperlichen und psychischen Veränderungen (mehr dazu später) bemerkbar machen, ist zum einen sehr individuell, aber auch sehr stark vom Narrativ abhängig, dass Frauen über diese Zeit zur Verfügung steht. Es ist von Einflüssen geprägt, die jede Schwarze Frau im eigenen Interesse sehr sorgfältig auf Relevanz und Gültigkeit für sie und ihr Wohlbefinden betrachten kann. „Es kommt zu psychischen Veränderungen“ heißt es da, auf den ersten Blick noch vermeintlich wertneutral.

    “Mikroagression” mit Maximalreichweite

    Whoa, stop.
    Auf einmal sind wir durch diesen kleinen Satz in einen Bereich, in dem eine durchaus nachvollziehbare Reaktion (Trauer, Furcht, Verlust, Einsamkeit, Resentment), als „Überreaktion“ pathologisiert werden kann, ohne in Betracht zu ziehen, wie es sich wohl anfühlen mag, einmal mehr als nicht genug (in diesem Fall nicht jung und fertil genug) wahrgenommen zu werden oder wie es wohl ist, wenn einem das Umfeld geschlossen signalisiert, dass die eigene Existenz mit zunehmendem Alter an Wert verliert (Stichwort vermeintlich reduzierte Leistungsfähigkeit). Es scheint einfacher zu sein, die betroffene Gruppe als „krank und schwach“ oder „psychisch verändert“ zu bezeichnen, als zu hinterfragen, inwieweit es sich hierbei schlicht und ergreifend um eine längst überfällige, nachvollziehbare Reaktion auf desolate Umgebungsbedingungen handelt.
    Warum fragt sich niemand, ob eine Frau nach fünfzig Jahren mehr oder weniger intensiv erlebten Rassismus und Sexismus nicht einfach genug davon hat, ihre Meinung nur so zu kommunizieren, wie es für die, die ihre Reaktion beurteilen am passendsten erscheint?

    Losgelöst und abgenabelt

    Die fehlende Bereitwilligkeit der konventionellen Medizin aus dem globalen Norden, die Änderungen in den Wechseljahren auch kontextbezogen zu betrachten, führt dazu, dass die Aussagen letztlich eher Behauptungen sind.

    Gern wird auch das „Empty Nest Syndrome“ angeführt, das den realen Verlust der physischen Nähe der groß gezogenen Kinder als ein Syndrom (Ansammlung von Symptomen, also Krankheitsanzeichen) entwertet. Indem die Wechseljahre als Phase der „psychischen Veränderungen“ mit Unterton beschrieben wird, passiert außerdem etwas, was durchaus als fortgesetzte Dämonisierung des Archetypes der weisen Alten gesehen werden kann- die alt werdende Frau wird als „psychisch anders“ markiert, als nicht zurechnungsfähig, als in ihrer mentalen Kapazität verändert. Das Stereotyp der „verrückten Alten“ kommt hier zum Einsatz und will die älter werdende Frau auf diese Weise zu jemandem machen, deren Worte bedeutungslos sind. Männer haben natürlich keine Wechseljahre (haben sie doch, ist nur nicht so publik) , deswegen sind sie ab 50 wei(ß)e Ratgeber. Schon klar.

    Where my mothers at?

    Wenn die Medizin, die Geschichte oder der Drogeriemarkt um die Ecke meine Bedürfnisse nicht berücksichtigt, dann muss ich es eben selbst tun und mir die Informationen suchen, die mich gesund, glücklich und selbst-definiert in den Wechseljahren sein lassen. Die häufig postulierte Ansicht „gesund durch die Wechseljahre“ teile ich nicht, denn ich halte diese zehn plus Jahre keineswegs für eine Phase, die nur „hinter sich“ gebracht werden möchte, sondern eine die aus vollem Herzen jeden Tag erlebt werden kann. Das geht am besten, wenn wir unsere eigene Geschichte erzählen- duh.

    Crone and wise af

    Was also können wir lernen, von denen, die das alles schon hinter sich haben? Wie können wir das Gespräch eröffnen, wo doch allein das Wort Wechseljahre so tabu ist? Diese Frage hat sich Omisade Burney- Scott @blackgirlsguidetomenopause gestellt und geht ihr in ihrem inklusive gleichnamigen Podcast nach. Bei ihr kommen Women of Color zu Wort, die ihre Geschichte rund um die Wechseljahre und das Alt werden erzählen, ihre Weisheiten weitergeben und diese Plattform zu einer lebendigen, interaktiven Bibliothek machen. Erlebtes Wissen wird nicht nur den Frauen in den Wechseljahren zugänglich, sondern auch denen, die diese Lebensphase noch vor sich haben. Die körpereigenen Abläufe auf diese Weise zu erleben, macht so viel mehr Spaß als trockene gynäkologische Statistiken mit eingebundener Werbung für mineralölhaltiges Gleitgel und Inkontinenzvorlagen

    Black Alchemy

    Es könnte jedoch auch ein Vorteil sein, gesamtgesellschaftlich nicht berücksichtigt zu werden, fällt mir gerade auf. Ich bin nicht verpflichtet, an das Märchen von der verhärmten, vereinsamten, verbitterten Alten zu glauben, die jegliche Lebensfreude und Daseinsberechtigung verloren hat und sich unnütz fühlen soll. Ich habe eine gewisse Distanz zwischen mir und teilweise umstrittenen Therapien wie der HRT (Hormone Replacement Therapy), da die Studien die hierzu bisher veröffentlicht wurden meine Physiologie und Lebenssituation nicht berücksichtigen. Schwarze Frauen stellen offenbar keine Gruppe dar, deren Gesunderhaltung schützenswert ist und sie somit relevant für hilfreiche Forschung macht. Nicht nur in diesem Zusammenhang findet die Forschung eher an uns als für uns statt.

    Omisade Burley Scott fasst diese grassroot- Wiederaneignung und Wissenssammlung unter dem Begriff „Decolonizing The Crone“ zusammen. Erfahrungen und Erlebnisse in den Wechseljahren sind nicht allein das, was weiße Frauen darüber berichten und was eine weiße und männlich geprägte Medizin darüber für Aussagen trifft. Diese so wichtige Lebensphase ist keine One-Size-Fits-All“- Modell und ich fühle mich gut mit dem Wissen, dass dies so ist und das nicht nur meine persönliche, sondern auch unsere kollektive Erfahrung diese Zeit definiert.

    Nicht abgebildet zu werden hat hier den Vorteil, die eigene Geschichte schreiben zu können, ohne sich vorher mühselig aus einer Geschichte zu befreien, die andere Menschen über einen erzählt haben.

    Darüber hinaus tragen wir das Wissen derer, die vor uns gelebt haben in uns und können es uns erschließen. Wir haben nicht nur die Immunität gegen diverse Erkrankungen, sondern auch andere Informationen, die dem Erhalt unserer Gesundheit nutzen geerbt. Wir wissen, was uns gut tut und was uns schadet, ganz intuitiv, aus dem Bauch heraus und diese Intuition ist auch die Summe der gemachten Erfahrungen unserer Vorfahrinnen. Wenn du einmal weißt, dass eine Pflanze giftig ist, dann gibst du dieses Wissen nicht nur verbal weiter, nein, Dein System lernt, diese schwammige Pflanze mit dem roten Deckel und den weißen Punkten als nicht zum Verzehr geeigntet zu identifizieren.
    Könnte es nicht ebenso gut sein, dass unsere Körper, wenn wir Ihnen den sacred space dazu zur Verfügung stellen sehr genau wissen, wie sie in dieser Zeit des Wandels sein wollen? Was wäre, wenn wir unsere eigenen Expertinnen sind? Selbstfürsorge ist Liebe plus informierte Entscheidungen oder anders ausgedrückt- welche weise Alte willst du sein, wenn du groß bist?

    P.S: Meine Hitzewallungen sind übrigens so gut wie verschwunden.
    Geholfen haben in ungeordneter Reihenfolge Crone Empowerment, die Umstellung auf veganes Essen mit viel grünem Gemüse, CBD-Tinktur, Hibiskus-Herbal Infusion, die Pflanzenältesten und ihre Hüter*innen,Witch Magic und Meditation. Also habt keine Angst und lehnt euch zurück. The best is yet to come.

    Monika Odum

    Monika

    Monika (50) hat mit 14 beschlossen, Krankenschwester zu werden und ist dies bis heute. Wenn sie nicht gerade angehende Kolleg*innen unterrichtet oder auf der Intensivstation  arbeitet, ist sie das love child von Mutter Erde, Umarmerin von Bäumen und eine witch (womxn in total control of herself). Ihr Lieblingswort ist „und“, denn sie glaubt an die Räume zwischen hier und dort. So heißt auch ihr Blog, The Space In Between, denn sie schreibt für ihr Leben gern. Sie liebt, als würde sie es so meinen, backt Brot, weil das Alchemie ist, redet mit Tieren, Pflanzen und den Elementen, weil sie es kann und ist ihr eigener sacred space. Meistens.

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