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Wie Willow Smith mich wieder an mein Pop-Punk-Ich erinnerte

Fotocredit: Jakayla Toney | Unsplash

Wo sind unsere Black Punk Girls? Vor ein paar Wochen präsentierte Willow Smith ihre neue Single „Transparent Soul“ in Jimmy Fallons Talkshow und katapultierte unsere Redakteurin Yeama wieder in die frühen 2000er, als der Pop-Punk seine besten Zeiten hatte und sie als absolutes Fangirl in der ersten Reihe stand. Lasst uns über musikalische Freiheit sprechen und wie wichtig es ist, stereotype Zuschreibungen in Musikgenres aufzubrechen.

Willow Smith hat ihr musikalisches Ich gefunden. Die Tochter von Will und Jada Pinkett-Smith wurde 2010 mit dem Song Whip my Hair bekannt. Seit drei Jahren moderiert sie mit ihrer Mutter und Großmutter das Talkformat Red Table Talk. Bei Jimmy Fallon rockte sie kürzlich die Bühne mit ihrem neuen Song Transparent Soul. Mit dabei der Schlagzeuger Travis Barker der Pop-Punk Band Blink 182. Der Auftritt weckte meine Erinnerung an mein 15-jähriges Pop-Punk-Ich, das Paramore-Alben suchtete und sich manchmal allein fühlte. Mein Umfeld erwartete von mir – der heranwachsenden Schwarzen Frau – nicht, dass ich jeden Paramore-Song auswendig konnte und keine Probleme hatte, „Hypnotize“ von System of a Down mitzusingen. Auch die Red Hot Chilli Peppers durften auf meiner Playlist nicht fehlen. Die glasklare Stimme von Willow auf “Transparent Soul” erinnerte mich an Hayley Williams – die Frontsängerin meiner Lieblings-Pop-Punk-Band Paramore. Die klassischen Powerchords und das treibende Schlagzeug ließen die Zeitreise beginnen. Plötzlich befand ich mich wieder am Anfang der Nuller-Jahre, als noch MTV und Viva bestimmten, wer die Charts stürmt und nicht soziale Medien. Avril Lavigne sang damals mit ihren aschblonden gescheitelten Haaren über Skaterboys, Billy Talent über fallende Blätter und Panic at the Disco zeigten sich in ihren Musikvideos im Emo-Look. Schwarze weibliche Vorbilder im Rock suchte ich dennoch vergebens. Die Frontfrau der britischen Alternative-Rock-Band Skunk Anansie Deborah Anne Dyer war eine der wenigen Identifikationsfiguren, die ich zu der Zeit wahrnahm. Als ich Interviews von Willow Smith las, deckten sich unsere Erfahrungen. Mit ihrem bevorstehenden Pop-Punk-Album beansprucht sie selbstbestimmt und kompromisslos ihren ganz eigenen Raum. Sie macht sie sich frei von Zuschreibungen jeglicher Art – gut so!

Afropunk ist auch Black Music – Wir müssen die vermeintlichen Grenzen sprengen

Willow Smith definiert den Raum, der mir als 15-jährige nicht so recht zugestanden wurde und den ich mir manchmal selbst nicht zugestand. An den Wänden meines Kinderzimmers hingen Poster von Destiny’s Child und Usher. Nachdem ich den Film Honey mit Jessica Alba zum hundertsten Mal geschaut hatte, dachte ich mir zum Soundtrack I’m Good Choreografien aus. Ich liebte RnB und Hip-Hop. Für meine Außenwelt passte ich da auch gut rein. Ins Bild passte aber nicht, dass ich mit 16 meine erste Mädchen-Rockband hatte und wir Songs von Paramore oder der Post-Grunge-Band Flyleaf coverten und zudem noch eigene Rocksongs schrieben. Für mich war das kein Widerspruch, wenn ich in türkisenen Strumpfhosen und Braids auf der Geburtstagsparty unserer Gitarristin auftauchte – zwischen Metaler:innen und Sleaze-Rocker:innen. Natürlich war ich immer das einzige Schwarze Mädchen und jedesmal wieder schlich sich leise der Gedanke in meinen Kopf – hier ist nicht mein Platz. Aber warum nicht? Was haben rassistische und sexistische Zuschreibungen mit Musikgenres zu tun? Diese vermeintlichen Grenzen haben einen Ursprung. Man muss in der Musikgeschichte nicht lang graben, um die Zusammenhänge zu finden. Die Rockmusik hat ihren Ursprung im afroamerikanischen Rhythm and Blues, wovon insbesondere weiße Musiker:innen profitierten. Große Plattenfirmen verdienten in den 50ern ein Vermögen an der Musik Schwarzer Künstler:innen. Aushängeschilder waren aber weiße Künstler:innen. Sie wurden in den Radios gespielt und machten Schwarze Musiker:innen unsichtbar. Ihre Musik fand zur Zeit der “Rassentrennung” vor allem unter einem weißen Deckmantel statt. Bis heute suggeriert dieser uns, wer sich in welchen musikalischen Räumen bewegen darf. Auf der anderen Seite steht der Begriff Black Music, der als Obergriff für RnB, Hip-Hop und Soul genutzt wird und vor allem im deutschsprachigen Raum verbreitet ist. Eine Kategorie, die einengt und vor allem von Zuschreibungen bestimmt wird. Was ist mit all den anderen Musikstilen, die maßgeblich von Schwarzen Menschen geprägt wurden? Was ist mit der Afropunk-Bewegung? Ist das nicht auch Black Music? Afropunk zeigt: nicht nur weiße Dudes mit rotem Irokesenschnitt repräsentieren die Punkszene. James Spooner hat 2003 mit seinem Dokumentarfilm Afropunk genau diese Erfahrung eingefangen und gezeigt, dass auf der ganzen Welt selbstverständlich auch Schwarze Menschen den Punk schon immer gelebt haben. Daraus entstand 2005 in New York das Afropunk Festival, das Schwarzen Künstler:innen jedes Jahr eine Bühne bietet für alternative Kunstformen.

Genregrenzen hindern an künstlerischer Selbstverwirklichung

Auch der problematische Urban-Begriff, den der Rapper Tyler, The Creator letztes Jahr bei den Grammy’s zurecht kritisierte, macht das strukturelle Problem sehr deutlich. Künstler:innen werden durch diese Zuschreibungen von außen Grenzen gesetzt. Grenzen, die sie an der musikalischen und kreativen Selbstverwirklichung hindern. Grenzen, die darauf fußen, sie nur auf ein Identitätsmerkmal zu reduzieren. Warum weiß ich, dass Jada-Pinkett Smith eng mit dem Rapper Tupac Shakur befreundet war, aber nicht, dass sie 2002 ihre eigene Nu-Metal Band Wicked Wisdom gegründet hat? Weil Schwarze Frauen im Rock, Punk und Metal so gut wie unsichtbar sind und mit fehlender Akzeptanz in der Szene kämpfen müssen.

Der Apfel fällt also nicht weit vom Stamm. Wie die Mutter, so die Tochter. Willow Smith nennt ihre Mutter die große Inspiration für ihr Album, das sie im Sommer veröffentlichen wird. Im Interview mit Who What Wear erklärt sie: „Dieses Album entstand aus einem tiefen Wunsch, den ich schon immer hatte, denn ich wuchs mit der Metal-Band meiner Mutter auf, als ich 5, 6, 7 [Jahre alt] war“. Obwohl sie ihre Mutter als Vorbild hatte, beschreibt sie ihre tiefen Selbstzweifel: „Ich dachte immer, ich könnte das nie tun, weil ich speziell dafür ausgebildet wurde, R&B/Pop zu singen.“ Zweifel, die sich mit den gesellschaftlichen Zuschreibungen von außen und den Erfahrungen ihrer Mutter während ihrer Bandzeit manifestiert haben könnten: „Oftmals werden Schwarze Menschen grundsätzlich aus Rock- und Metalräumen ausgeschlossen.”Willow erzählt, wie ihre Mutter sie inspiriert hat: “Wenn ich sehe, wie meine Mutter das gemacht hat, denke ich: ‘Scheiße, das kann ich auch. Who cares?”

Do you – Nehmt euch den Platz für eure Individualität

Die Vorurteile hielten Willow Smith nicht davon ab, ihren eigenen musikalischen Weg zu gehen, fernab von irgendwelchen Kategorien. Willow macht Mut, das zu tun, worauf wir Lust haben. Ich höre und kreiere, was ich möchte und das sollte jede:r tun können. Auf dass wir eine Musiklandschaft mit Genres schaffen, die keine Stereotype reproduzieren und Raum für unsere Individualität lassen.

Yeama Bangali

Yeama

Yeama Bangali, 27 lebt in Stuttgart und hat dort auch germanistische Literaturwissenschaft studiert. Dort sind ihr auch zum ersten Mal die Gedichte May Ayims begegnet, über die sie auch ihre Masterarbeit geschrieben hat. Neben ihres Studiums hat sie beim SWR als Radio- und Multimedia-Reporterin gearbeitet und war der festen Überzeugung im Journalismus zu landen. Sie flitzte dann für eine Weile nach Glasgow, um da mal die Luft dieser vielfältigen Kulturlandschaft zu schnuppern. Es hat sie aber dann doch in die Wissenschaftskommunikation eines Forschungsinstituts verschlagen. Still sitzen ist nicht so ihr Ding, deshalb schreibt sie in ihrer Freizeit Songs und andere Texte, singt und arbeitet eifrig an ihrem Projekt als Solokünstlerin. Tiefe Gespräche, Empowerment und ein Mitwirken in gesellschaftlichen Debatten ist ihr wichtig. Deshalb engagiert sie sich auch in der Stuttgarter Regionalgruppe der Initiative Schwarzer Menschen in Deutschland. 2014 hat sie mit ihrer Mutter den gemeinnützigen Verein Vision:Life e.V. gegründet, der sich für Kinder und Jugendliche in Sierra Leone einsetzt. Bei RosaMag liegen ihre Schwerpunkte auf afrodeutscher Literatur und Kultur sowie intersektionalem Feminismus.

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