Cantu Curl Awards: „Meine Eltern sind nicht aus dem Kongo gekommen, damit ihre Tochter Friseurin wird, dabei ist Braiding für mich Kunst.“
Der Beruf der Friseurin hat einen schlechten gesellschaftlichen Ruf. Das obwohl Braider*innen vor allem in Deutschland essentiell für die Schwarze Kultur sind. Sie versorgen unsere Haare, sind ein Ort an dem die Community zusammenkommt. Beim Flechten verbringen wir viel Zeit miteinander, Essen, lachen und manchmal reden wir all unsere Probleme von der Seele. Genau das liebt Alison. Die 25-jährige ist die aktuelle Gewinnerin des Cantu Curl Award. In der Schweiz geboren mit Eltern, die aus dem Kongo kommen, hat sie sich in Frankfurt niedergelassen. Hier macht sie ihre Leidenschaft zum Beruf und baut sich ein Business auf. Alison versteht sich als Künstlerin. Wir haben mit ihr über ihre Journey und wie sich die Braiding-Szene in Deutschland entwickelt, gesprochen.
RosaMag: Wie kamst du zum Braiden?
Alison: Ich bin damit aufgewachsen. Braiden war Teil meines Lebens.
Meine Mutter hat fünf Töchter. Sie musste immer all unsere Haare machen. Irgendwann hatte sie keine Lust mehr und sagte zu uns: Ihr müsstet das nun selbst machen.
Wir waren gezwungen, uns gegenseitig und selbst die Haare zu machen. Als meine Stiefschwester, die im Kongo geboren und aufgewachsen ist, nach Deutschland kam, intensivierte sich meine Leidenschaft fürs Braiden. Als ich dann vor vier Jahren nach Frankfurt zog, machte ich ein Business daraus.
RM: War das alleine braiden, eine Herausforderung für dich?
A: Ich habe eine feine Fingerfertigkeit und ein gutes visuelles Auge, sodass es mir leicht fällt, mich schnell in neue Looks einzuarbeiten. Es ist für mich ein natürlicher Prozess. Zu Beginn rief ich meine Freund*innen an, sobald ich auf Instagram oder Youtube etwas Neues entdeckte und sagte: Hey, kann ich das an dir ausprobieren? Unser Deal war, dass sie von mir kostenlos die Haare gemacht bekommen, dafür durfte ich den Look aussuchen.
RM: Was bedeutet dir Braiding?
A: Braiding ist für mich emotionale und kreative Freiheit, aber auch finanzielle Unabhängigkeit.
Emotional, weil die Erfahrungen die Schwarze Menschen mit Afrohaaren in Deutschland machen, mit so vielen Traumata verknüpft sind.
Damit meine ich die Art, wie wir für unsere Haare gehänselt wurden. Jetzt embrace ich die Kultur des Braidens.
Das macht mich freier und verspielter, weil ich es als Kunst verstehe, an der ich mich kreativ austoben kann. Dann bedeutet es für mich finanzielle Unabhängigkeit.
Ich verdiene mit dem Braiden mein Geld. Dabei ist es nicht, wie bei einem normalen Job, wo einmal im Monat der gesamte Betrag kommt. Ganz im Gegenteil, ich musste lernen zu haushalten. Das hat mich unabhängig und stärker gemacht.
Was sind die Cantu Curl Awards?Die Cantu Curl Awards sind ein Haar-Styling-Wettbewerb, initiiert von der Beautybrand Cantu. Jede Person, die eine Leidenschaft fürs Braiden und Stylen von Afro – und texturiertem Haar hat, kann sich dort bewerben und nicht nur ganz viel Fame bekommen, sondern 5.000 Euro sowie ein Cantu Paket mit all ihren Produkten. Die Cantu Curl Awards wurden 2019 von der Beautybrand Cantu in Großbritannien ins Leben gerufen, sind seit 2020 in Frankreich und seit 2021 auch endlich – in good old Germany angekommen. Alison war die erste Gewinnerin und für 2022 ist eine nächste Runde geplant – falls du Lust hast auch in die Braiding- oder Afrohaar-Stylingszene einzusteigen. |
RM: Was ist dein liebster Look?
A: Ganz klar: Faux Locs. Früher wurden sie sehr schwer und steif geflochten, inzwischen sind sie mit Marley Haaren leichter und man kann sie drei Monate lang tragen!
RM: Würdest du sagen, dass es eine deutsche Braidingkultur gibt?
A: Ich würde es gar nicht auf eine Nation beschränken, einfach weil wir viel besser miteinander verbunden sind durch YouTube und Instagram. Aber es stimmt schon, wenn ich die deutsche Braidingszene mit der in den USA vergleiche, ist klar: Wir sind noch ganz am Anfang. In den USA sind die Menschen eher bereit ausgefallenere Looks zu tragen, sei es mit Farben oder Formen zu spielen. In Deutschland sind eher schlichte und unauffällige Looks gefragt.
RM: Was überrascht dich am meisten an deiner Braiding-Journey?
A: Ich hätte nie gedacht, dass ich dem Braiden als Berufung nachgehen würde. Aktuell studiere ich, dann habe ich einen weiteren Job. Vor ein paar Monaten hatte ich große Zweifel. Einfach weil der Friseur-Job so einen schlechten gesellschaftlichen Ruf hat. Ich habe es bis jetzt immer noch nicht meinen Eltern erzählt. Sie sind nicht aus dem Kongo gekommen, damit ihre Tochter letztlich Friseurin wird. Dieser Gedanke macht es mir schwer. Das obwohl ich weiß, dass sie mich glücklich sehen möchten. Deshalb finde ich es umso schöner, dass ich bei den Cantu Curl Awards gewonnen habe.
RM: Warum?
A: Ehrlich gesagt, war es der letzte Push für mich, um meinem Traum ein Stück näher zu kommen. Es hat mich bestärkt und gibt mir mehr Sichtbarkeit.
RM: Was ist denn das Endziel?
A: Ein großes Studio, wo die Community hinkommen kann, aber auch das Afrohaare ein zentraler Punkt in der deutschen Friseur*innen-Ausbildung sind. Aber habt Geduld. Ich mache das Schritt für Schritt.
Ciani
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