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Sweet Quarantine: Corona Pandemie und die Erzählung von Solidarität

Bild: Leighann Blackwood

Es ist mein 12. Tag in Quarantäne und während ich die meiste Zeit des Tages auf Instagram oder in Zoom Meetings versinke, werden in Supermärkten Kassierer*innen angespuckt und Krankenpfleger*innen haben drei Nächte nicht eine Minute geschlafen. Besonders die erste Quarantäne Woche war hart für mich, vor allem weil ich eine “People Person” bin und aktuell meinem Nebenjob in einem Café nicht mehr nachgehen kann, was finanzielle Sorgen mit sich bringt- so geht es gerade vielen Menschen. Aber vor allem der Blick auf das “wie lange?” hat Ängste in mir vorher gebracht. Davor mental abzurutschen, aber vor allem auch vor dem “was folgt”?

Sterben lassen?

Historisch betrachtet folgten auf die meisten Krisen faschistische Regime und Rechtspopulismus ist schon lange ein gesellschaftspolitisches Problem. Die Neue Rechte arbeitet momentan fleißig an der Verbreitung von Verschwörungstheorien und Diskussionen um das Sterben-lassen von Menschen in Zusammenhang mit dem Argument der “Überbevölkerung” haben immer auch eine ableistische und rassistische Komponente.

Mehr potentielle Gewalt für Schwarze Menschen und People of Color

Ich frage mich, wie wir uns organisieren können und was es bedeutet, wenn grundlegende Freiheitsrechte wie Bewegungs- oder Versammlungsfreiheit so massiv eingeschränkt werden wie in den letzten Tagen. Was es bedeutet, wenn Protestkultur unmöglich ist, denn zu zweit sind wir eben noch keine Demo. Wenn ich aus dem Fenster schaue, sehe ich regelmäßig Polizeiwagen, die Streife fahren.

 

Mehr Polizei bedeutet immer auch mehr potentielle Gewalt für Schwarze Menschen und People of Color, vor allem wenn sie visibly queer und/oder ohne deutschen Pass sind und/oder behindert werden. 

Keine Priorität

Als junger Mensch ohne Vorerkrankungen habe ich keinen Anlass Angst vor einer Infektion zu haben, vielleicht bin ich längst infiziert nur symptomlos. Aber als Schwarzer Mensch kann ich nicht darauf vertrauen, dass das deutsche Gesundheitssystem ein freies Bett für mich hat, sollte der Krankheitsverlauf doch anders kommen, als ich gerade denke. In London starb diese Woche eine junge Schwarze Frau, weil ihr trotz eindeutiger Symptome gesagt wurde, dass sie keine Priorität habe. Das Zusammenspiel von institutionalisiertem Rassismus und Medizin ist nicht neu.

We are not in this together

“We are all in this together” ist ein aktuell viel zitiertes Statement, aber es ist nicht wahr. Denn wir sind nicht “in this together”: Die Sexarbeiterin die aktuell keine Klient*innen betreuen kann, ist nicht mit der Studentin “in this together”, die vom Geld ihrer Eltern lebt. Die migrantische Künstlerin, der alle Gigs des Sommers bereits abgesagt worden sind, ist nicht “in this together” mit der Journalistin, die vom Home Office aus ihre Deadlines schafft und der junge Mann mit Mukoviszidose, der die nächsten sechs Monate komplett isoliert verbringen muss, weil er sonst stirbt, ist nicht mit mir “in this together”. Zumindest nicht real. Menschen sind auf ungleiche Weise von der Corona-Krise betroffen, so wie auch ihre gesellschaftlichen Positionierungen ungleich sind. Die Konsequenzen, die politische Maßnahmen und die Dauer des Ausnahmezustandes auf sie haben, sind unterschiedlich.

Solidarität

“Solidarität” scheint das Schlagwort der Stunde zu sein. Viele Menschen gehen für ihre älteren und/oder immunschwachen Nachbar*innen einkaufen. Lokale öffnen ihre Türen für Wohnungslose und verteilen Nahrungsmittel, da die Tafeln und Notunterkünfte schließen mussten. Frauennotrufe stocken ihre Kapazitäten auf und ich tausche Bücher und Netflix Zugangsdaten gegen Langeweile mit Menschen in meiner Stadt. Und während all dies extrem wichtig ist um mental okay zu bleiben, scheint “Solidarität” dennoch lediglich für weiße Deutsche zu gelten, ansonsten wären die Menschen, die aktuell auf den griechischen Inseln leben schon längst evakuiert worden.

Evakuiert die griechischen Lager!

Die Öffentlich Rechtlichen berichten kaum über Moria und all jene, die auf den griechischen Inseln nicht alle 30 Minuten ihre Hände waschen, geschweige denn in Quarantäne gehen können. Möglichkeiten dies zu ändern gibt es, das sehen wir daran, dass die Bundesregierung in der vergangen Woche die größte Rückholaktion in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland startete und binnen weniger Tage tausende deutsche Tourist*innen aus All-inclusive Hotels zurück nach Deutschland holte. Die Hotels hier sind leer, sie bieten Platz und die nötige Struktur, um Menschen in Sicherheit zu bringen und sie unter menschenwürdigen Quarantäne-Bedingungen zu beherbergen. Aber es gibt eben nicht den politischen Willen dies zu tun. Stattdessen konnte die Mehrheitsgesellschaft kaum abwarten, dass Corona auch den afrikanischen Kontinent erreicht, dies geschah dann tatsächlich durch einen belgischen Touristen in Ägypten.

Online sind wir mehr als zwei

Was uns bleibt sind Petitionen zum Bedingungslosem Grundeinkommen, zu Boni für Menschen in systemrelevanten Berufen, Geld in Soli-Fonds zu überweisen für Personen, die ihren Job verloren haben und/oder ihre Miete nicht zahlen können, #leavenoonebehind-Transpis aus unseren Wohnungen zu hängen und erste Online Demos. Zum Beispiel am Sonntag, den 29.03. zwischen 16-18 Uhr organisiert von der Seebrücke Berlin (just google it). Eine neue, rein virtuell stattfindende, politische Organisierung wird nicht ausreichen, aber sie ist ein Weg raus aus dem Gefühl von Macht- und Hilflosigkeit.

 

Glossar:

ableistisch: Ableismus bezeichnet die Diskriminierungsstruktur gegenüber Personen, die von der Gesellschaft behindert werden

Queer: “Queer” ist ein Sammelbegriff für bspw.: Homo- und Bi- und Pansexuelle Menschen, sowie Trans-, Inter- und nicht-binäre Personen, diese vereinen ihre Kämpfe gegen Unterdrückung gemeinsam zu führen.

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