Die schnelle Befriedigung eines schwarzen Quadrats
Social Media ist schon schnell. Ein Screenshot, ein Hashtag und schon gehört man zur Bewegung, ist Teil einer antirassistischen Haltung. Zwanzig Sekunden und zack schon hat man etwas Gutes getan. Doch so leicht ist es mit dem Rassismus dann doch nicht. Wir werden ihn nicht mit einem Swipe auf der Couch los. Versteht mich nicht falsch: Ich hatte Gänsehaut. Als ich auf meinen Instagram Feed blickte und die schwarzen Bilder, wie kleine Kästchen aneinander gereiht sah, fühlte ich das, was Barack Obama gestern mit dem Wort “Awakening” bestätigte. Erwacht die weiße Mehrheitsgesellschaft aus ihrem Dornröschenschlaf? Und noch viel wichtiger: Wie gelingt uns ein nachhaltiger Wandel?
#TheShowMustBePaused
Es ist schon ein Tropfen auf dem heißen Stein. Pietätlos, wenn man bedenkt, dass es erneut ein Schwarzes Leben kostete, um die Aufmerksamkeit auf ein strukturelles Problem zu lenken: Rassismus tötet Menschen. Es tötete Ahmaud Arbery, Breonna Taylor und George Floyd. Wenn man sich hinter einem Instagram Post versteckt, wird es nicht besser. Diese Ohnmacht herunterzuschlucken, den Schmerz und die Wut zur Seite zu schieben, nachdem Schlachtruf “The Show must go on” aus der Entertainmentindustrie zu leben, all das wollten die Marketingleiterinnen bei Atlantic Records Brianna Agyemang und Jamila Thomas nicht. Sie deklarierten: #TheShowMustBePaused, was wir am Dienstag unter dem #BlackOutThuesday auch in unseren heimischen Feed entdeckten. Ihre Intention war es auf Polizeigewalt und die “Ungerechtigkeiten, denen wir in Amerika ausgesetzt sind, nicht nur auf unsere Gemeinde zu beschränken.” Sie wollten das der Hashtag global geht. Das haben sie erreicht. Doch ist die Botschaft beim Copy-Paste-Prozess angekommen?
Wie lange können nicht Schwarze Menschen noch wegsehen?
Die Musikindustrie profitiert seit Jahrhunderten von Schwarzer Kultur. Viele weitere Industrien auch. Es ist leicht einen Usher Song mitzusingen und “Yeah” zu sagen, statt zu einer Demo zukommen oder eine gar zu organisieren und Rassismus einem kleinen “no” zu entgegnen. Nicht nur Schwarze Menschen sollten gegen Rassismus kämpfen müssen. Die gesamte Gesellschaft muss es. Es reicht nicht mehr kein:e Rassist:in zu sein. Es ist an der Zeit anti-rassistisch zu agieren, wie Angela Davis mit ihrem berühmten Satz bereits in den 70ern deklarierte: “In a racist society, it is not enough to be non-racist, we must be anti-racist.” Der Tenor verändert sich. Ein zugeflüstertes, “du weißt doch, wie er/sie/ die gottverdammte Gesellschaft es meint”, bagitalisiert Rassismus. Es normalisiert ihn. Es gibt ihm den Nährboden, mit dem er dann in Form einer etablierten Partei bequem im Bundestag sitzt. Rassismus ist auch in Deutschland Alltag. Es ist kein US-Problem. Es ist ein globales Konstrukt, dass jahrhundertealt ist. Ein schwarzes Bild zu reposten, ist kinderleicht. Meine Befürchtung ist, dass diese Handlung eine so große Befriedigung ist, dass sich die weiße Mehrheitsgesellschaft entspannt zurücklehnt und sich selbst auf die Schulter klopft mit dem Gefühl, etwas Gutes getan zu haben. So einfach ist es nicht mit dem Rassismus.
Rihanna erklärte bei den letzten NAACP Image Awards bereits: Pull Up for Black Issues. Rassismus ist nicht nur das Problem für Menschen, die davon betroffen sind, es ist eine gesamtgesellschaftliche Krise. Wir stecken da alle drin. “No immigrants, no spices,” um es kulinarischer zumachen und einen beliebten Witz von Trevor Noah zu zitieren. Das schwarze Quadrat ist schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung. Doch #BlackOutTuesday sollte an jedem Tag sein. Also, wacht endlich auf: “Racism isn’t getting worse, it’s getting filmed,” wie Will Smith erklärt. Wie lange können nicht Schwarze Menschen noch wegsehen?
Ciani
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