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    Lous and the Yakuza: „Das Schweigen, das über Schwarzes Leid gelegt wird, ist eine Schande“

    Fotocredit: Laura Marie Cieplik

    Im Gespräch mit Musikerin Lous von Lous and the Yakuza

    „Ich mache Musik, die die Wahrheit widerspiegelt, auch wenn das nicht immer schön ist“, erklärt Lous von Lous and the Yakuza im Interview. Die 24-jährige veröffentlichte gerade ihr Debütalbum „Gore“. Darauf nimmt die Sängerin und Songwriterin ihre Zuhörer:innen mit auf eine Reise durch ihre bewegte Vergangenheit. Lous, die mit bürgerlichem Namen Marie-Pierra Kakoma heißt, wurde 1996 in Lubumbashi in der Demokratischen Republik Kongo geboren. Nachdem ihre Mutter 1998 während des zweiten Kongokrieges für zwei Monate eingesperrt wurde, floh die Familie erst nach Belgien und von dort weiter nach Rwanda. Als Lous 15 war, kehrten sie nach Brüssel zurück.

    Ein paar Jahre später fand sich die Musikerin auf der Straße wieder. Ihre Eltern warfen die damals 19-Jährige raus, weil sie lieber Musik machen wollte, als Ärztin zu werden. Sechs Monate lang musste sie sich alleine durchschlagen. Irgendwann konnte sie mit der Hilfe von Freund:innen in ein kleines Musikstudio einziehen. Dort nahm sie die ersten Songs auf, in denen sie ihre traumatischen Erlebnisse verarbeitete. 

    Im Gespräch mit RosaMag erzählt Lous vom Schaffungsprozess rund um ihr Album „Gore“. Sie spricht über Black Lives Matter und die Proteste in Belgien diesen Sommer, die sie mit organisierte und ihr Morddrohungen einbrachten. Außerdem erzählt sie von den Herausforderungen als Schwarze Frau in einer weißen Industrie und prangert den Colorism in der europäischen Musikbranche an. 

    Um die Veröffentlichung deines Debütalbums Gore gab es schon im Vorhinein einen ziemlichen Rummel. Hat dich das unter Druck gesetzt?

    Druck ist etwas Negatives und ich versuche, Negativität von mir fernzuhalten. Geschrieben habe ich das Album bereits 2017. Anfang 2019 habe ich es dann fertig produziert und abgemischt. Der Druck lag deshalb auf meinem Team, dem Label und all den anderen Menschen, die versucht haben, aus dem Album etwas Großartiges zu machen.

    Was hat es dir auf persönlicher Ebene bedeutet, das Projekt fertigzustellen?

    Ich betrachte meine Kunst entfernt von meinem eigenen Ego. Mit Gore wollte ich eine Botschaft überbringen, mit Menschen kommunizieren. Wenn mich Leute fragen, welche Art von Musik ich mache, sage ich, dass ich Musik mache, die die Wahrheit widerspiegelt. Auch wenn das nicht immer schön ist.

    Das Problem mit der Musik heutzutage und besonders mit der Popmusik ist, dass alles sehr fröhlich und bubbly ist. Mein Leben ist aber alles andere als positiv verlaufen. Mit dem Album wollte ich den Menschen meine Wahrheit näher bringen.

    Diese Wahrheit erzählst du auf dem Album in verschiedenen musikalischen Genres, Afrobeat, Hip Hop, Pop. Wie kam diese Mischung zustande?

    Ich versuche, nicht zu viel drüber nachzudenken und einfach die Genres einzubeziehen, die mich etwas fühlen lassen. Wenn ich beispielsweise Rap höre, fühle ich mich empowert, die Beats, die Struktur, die Wut und manchmal auch die Freude, der Spaß.

    Ich sage immer, dass die Musik mich gewählt hat. Ich wähle sie nicht. Es kann sein, dass mein nächstes Album eine Heavy Metal-Platte sein wird. Ich setze mir da keine Grenzen. Ich tue einfach das, was sich in dem Moment gut für mich anfühlt. Am Ende geht es auch immer um die Botschaft, die ich vermitteln möchte. Manchmal funktioniert das mit Hip Hop besser, manchmal mit klassischer Musik und manchmal mit Afrobeat.

    lous

    © Laura Marie Cieplik

    Du sprichst in deinen Songtexten viel darüber, wie du versuchst, dich als Schwarze Frau in einer weißen Welt durchzuschlagen.

    Ich erlebe jeden Tag Diskriminierung und Hass, und das nur, weil ich eine Schwarz Frau bin, die Musik macht. Der Song Solo handelt vom Kolonialismus und davon, dass ich Gott bitte, mir Kraft zu geben, nicht zurückzuschlagen, mich nicht zu rächen, weil ich kein negativer Mensch sein will. Ich möchte glücklich sein in einer Welt, die es mir nicht einmal erlaubt, Musik zu machen. In Gore geht es darum, wie schwer es ist, in dieser Welt als Schwarze Frau etwas zu erreichen und darum, dass ich immer doppelt so hart arbeiten muss. Diese Themen spreche ich an, weil sie Teil meiner Realität als Schwarze Frau sind. Sie gehören zu mir.

    Schwarze Menschen wurden diesen Sommer durch die Black Lives Matter Bewegung in Europa sehr sichtbar. Wie hast du das in Belgien erlebt?

    Black-Lives-Matter war sehr empowernd und gleichzeitig auch sehr traumatisch. Weiße Menschen können das überhaupt nicht nachvollziehen. Sie verstehen nicht, wie es sich für uns anfühlt, wenn wir im Fernsehen sehen müssen, wie unseren Geschwistern Gewalt angetan wird, und das jeden Tag. Gleichzeitig waren das nur die Morde, die gefilmt werden. Noch viel mehr Brüder und Schwestern starben ohne die Kameras. Seit 1996 wird im Kongo beispielsweise ein Genozid verübt. Mehr als sieben Millionen sind tot und niemand spricht darüber. Das Schweigen, das die Menschen über unser Leid legen, ist eine Schande.

    Diese ganze Bewegung war also in gewisserweise befreiend und gleichzeitig sehr deprimierend. Es bedeutete, zwei Monate lang mit schlechten Nachrichten aufzuwachen und das aufgrund deiner Hautfarbe. Wir leben in einer ziemlich hasserfüllten Welt, aber wegen der eigenen Hautfarbe verletzt zu werden, ist etwas so Spezifisches. Wir haben uns das ja nicht ausgesucht. Hautfarbe ist im Grunde nur Melanin. Es ist, als würde man Menschen hassen, weil sie blaue oder grüne Augen haben. Es macht keinen Sinn. Es ist sehr merkwürdig, für etwas so Schönes und so Simples gehasst zu werden.

    Lous and the Yakuza

    © Laura Marie Cieplik

    Du warst ja auch sehr involviert in die Proteste für Black Lives Matter in Belgien.

    Den Marsch und die Proteste dort habe ich organisiert. Zwei Monate lang lebte ich deshalb mit Morddrohungen. Es war schrecklich. Leute haben mir ständig gesagt, wie stark ich doch sei. Dabei wünschte ich mir eigentlich nichts mehr, als dass ich das nicht durchmachen müsste. Ich wünschte mir, die Menschen könnten sich einfach mit Liebe begegnen.

    Mit vierundzwanzig Jahren zwei Monate lang von Neonazi-Gruppen belästigt zu werden, weil man für mehr Liebe wirbt, ist traurig. Das war für mich sehr überwältigend. Gleichzeitig bin ich sehr stolz, dass ich nicht aufgegeben habe. Irgendwann musste ich wegen der Morddrohungen mit Security zu den Protesten.

    Freund:innen haben mir immer wieder davon abgeraten, weiter zu protestieren. Sie hatten Angst um mich. Ich wusste aber: nur so verändert man die Welt. Es brauchte eine Schwarze Frau, eine Künstlerin, die unabhängig ist und ihr eigenes Geld verdient, die sich zu Wort meldet. Wenn der Preis dafür zwei Monate lang Todesdrohungen sind, nun, dann soll es so sein.

    War es für dich als dark skinned Musikerin schwieriger, den Durchbruch in der belgischen Musikbranche zu schaffen als für light skinned Schwarze Frauen?

    Als dark skinned Schwarze Frau bist du ständiger Kritik ausgesetzt, wirst regelmäßig beleidigt von weißen Menschen, aber auch von deiner eigenen Community.

    Die ganze Industrie hat nichts für uns getan. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass mixed Menschen es da einfacher haben. Das bedeutet nicht, dass die Sexualisierung, die viele mixed girls in der Branche abbekommen, nicht total ekelhaft ist. Trotzdem sind sie in der Industrie um einiges sichtbarer, Beyoncé, Rihanna you name them. Die Normanis dieser Welt bekommen diese Öffentlichkeit nicht.

    Zu den vielleicht sechs dark skinned Frauen in Europa zu gehören, die Erfolg haben, ist sehr seltsam. Und ich bin nur eine aufstrebende Künstlerin, ich bin nicht einmal ein Star. Wie sollen fünf oder sechs Frauen die unglaubliche Vielfalt von dark skinned Schwarzen Frauen, die Diversität einer ganzen Community repräsentieren?

    © Laura Marie Cieplik

    Warum glaubst du, hast du den Durchbruch geschafft?

    Ich hatte großes Glück, ein unglaubliches Team hinter mir zu haben. Mein Team ist zwar divers, der Großteil sind aber weiße Menschen. Als ich meinen Vertrag unterschrieb, war ich für sie noch ein großes Fragezeichen. Meine Kämpfe waren so weit von ihnen entfernt. Die meisten von ihnen haben nicht einmal Schwarze Freund:innen. Sie hatten überhaupt keinen Kontakt zur Schwarzen Menschen und unsere Geschichtsbücher erzählen nichts von den Grausamkeiten, die Belgien an Schwarzen Menschen verübt hat. Sie sollen diese Scheiße gar nicht verstehen.

    Ich musste das erst mit ihnen kommunizieren, bevor wir uns gegenseitig akzeptieren können. Und das habe ich gemacht. Ich hab ihnen erklärt, warum Dilemme, warum Amigo, warum es Solo sein muss. Sie haben den Kern meiner Botschaft verstanden und sehr respektvoll um mich herum produziert.

    Das Level an Leidenschaft, Energie und Liebe, das mein fast ausschließlich weißes Team in dieses Projekt gesteckt hat, ist unglaublich. Es gibt mir Hoffnung für die Zukunft. Ich bin sehr gesegnet, aber alles begann mit Kommunikation und damit, mich mit gesunden Menschen zu umgeben.

    Kannst du schon etwas über dein nächstes Projekt verraten?

    Gerade stelle ich mir für die Zukunft ein mehrsprachiges Album vor. Ich werde auf Kiswahili, Kinyarwanda, Französisch und Englisch singen. Daran schreibe ich momentan. Wer weiß aber, was in sechs Monaten ist. Ich lege mich da nicht so fest.

    Celia-Parbey

    Celia

    Celia macht derzeit ihren Master an der Humboldt Universität zu Berlin und arbeitet nebenbei als freie Autorin für verschiedene Online- und Printmagazine. Bei RosaMag kümmert sie sich um das Ressort Menschen und interviewt dafür spannende Schwarze Persönlichkeiten aus Deutschland und der Welt.

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