Warum wir Vulven so richtig feiern sollten!
“Wie wäre es, wenn wir uns unsere Vulvas zeigen?” Mit diesem euphorischen Ausspruch zeigten meine Freundinnen und ich uns im Alter von 14 Jahren unsere Muschis. Geprägt von der Youporn-Ära waren wir verunsichert von dem homogenen Medienbild eines der diversesten Organe des menschlichen Körpers. Damit sind wir nicht allein. Immer mehr Frauen verkleinern ihre äußeren Schamlippen, färben sie ein oder verengen sie. Warum investieren wir so viel Energie darin, unsere Vulva zu modifizieren statt sie zu glorifizieren? Startet mit mir eine kleine vaginale Reise.
“Sieht meine Vulva `normal´aus?”
Pubertät. Neue Körperflüssigkeiten und ein anfänglich mentrustierender Körper, der dich mit schönen, roten, gelblichen Pickeln übersät und gekrönt wird das alles mit diesen Unzulänglichkeiten. Ich gehörte zu der Generation, die direkt von der Youporn-Welle weggerissen wurde. Zwischen Hausaufgabenheften, seufzenden Rechenaufgaben, war die liebste Thematik meiner Schulkollege*innen die neuesten Homevideos zu rezensieren. Die BRAVO, mitternächtliche Vox Softpornos oder haptische Magazine, die primär dem sexuellen Gustus entsprechen sollten, waren durchsetzen mit einer Andeutung hier, einem Stöhnen dort, diese subtile Darstellungsformen endeten. Sie wurden mit dem Marschzug des digitalen Pornogeschätfs obsolet. Vulven waren aus sehr vielen unterschiedlichen Blickwinkeln zu sehen: Frontal, seitlich, vergrößert, mit einem Penis, mit zwei Penisen, einem im Hinterteil oder vorn, baumelnd am Arm – Es entstand eine neue Definition von Ästhetik. Wir lassen die frauenfeindliche Darstellung mal komplett unbeachtet, doch für uns jungen heranwachsenden Frauen war es die erste visuelle Antwort auf die Frage: Sieht meine Vulva “normal” aus?
Selbst die Vulva ist einem homogenen Schönheitsideal unterworfen
Diese Fragestellung versuchten wir im Internet zu ergründen. Es war eine empirische Studie. Die Videos wurden genauestens analysiert und das Resultat war unbefriedigend. Es gab nur eine Vulven-Form, eine definierte Norm und diese verunsicherten meine besten Freundinnen und mich überproportional. Was taten wir? Wir sprachen darüber. Mit unseren jungen 14 Jahren gestanden wir einander, dass jede einzelne von uns, unsere eigene Vagina als nicht “schön” empfand. In Retroperspektive erkannten wir nicht, dass die Definition von schön ein gesellschaftlich konstruiertes Konzept ist. Ein Schönheitsideal, das uns bis ins Bett verfolgte.
Wir haben die Mummury getestet!
Echte Vaginas zusehen, empowert
Doch zurück in mein Teenagerzimmer in Berlin. Wir nahmen all unseren Mut zusammen und eine meiner Freundinnen schlug vor: “Wie wäre es, wenn wir einander unsere Vulven zeigen?” Betretenes Schweigen, gefolgt von einem euphorischen: Ja! Wir taten es. Was wir dabei realisierten, war dass all unsere Vulven komplett anders aussahen. Jede einzelne war schön. Sie definierten uns nicht, aber sie entsprachen auch nicht gänzlich dem uniformen Bildnis der sexuell motivierten Medien. Jede war einzigartig. Pathetisch, aber wahr. Diese ehrliche und authentische Betrachtung empowerte uns. Diese Euphorie währte nicht lang. Denn was in diesem Zimmer geschah, sich zu öffnen, die echte Diversität des weiblichen Geschlechtsorgans zu betrachten, endete zwischen Justin Timberlake Postern und Bettwäsche in Pink. Mit einem Schritt aus diesem, fast schon Safe Space, prasselte die homogene Vulven-Form wieder auf uns ein.
Die Lösung ist natürlich nicht, dass ich meine Freundinnen anrufe oder ihnen schreibe: Hey, magst du mir ein Bild von deiner Muschi schicken?
Nein, es braucht einen gesellschaftlichen Wandel bezüglich der uniformen Darstellung von Vulven. So kann sie zwischen sechs und 13 Zentimetern lang sein, die inneren Lippen können zwei bis zehn Zentimeter reichen, die eine Seite ist manchmal größer, als die andere, die äußeren sind ausgeprägter, erigiert verdoppelt sie sich. Ja, erigiert. Frauen sind Männern ähnlicher als wir immer deklarieren.
Eine Partie Mummury entfachte die Teeangerin in mir
Natürlich ist es kein individuelles empfinden. Viele Frauen haben es sich auf die Fahne geschrieben, unser Vulven zu empowern. Sei es mit Lösungen für die monatlich grüßende Periode, wie Menstruationstassen oder Unterwäsche. oder Aufklärungslektüre, wie das von Nina Brochmann und Ellen Støkken Dahl mit der Vision: “Frauen und Männer sollen die gleiche Chance auf einen Orgasmus haben.” Hell yes! Bloggerinnen, Aktivistinnen, Feministinnen – sie alle packen dieses Thema an. So auch Gloria Dimmel. Seit drei Jahren hat sie sich der Sichtbarmachung von Vulven verschrieben. Buchstäblich, denn sie stellt Vulva-Repliken aus Gips her, sammelt sie, stellt sie aus, bespricht sie, macht sie sichtbar und das mit insgesamt 130 Personen. Das bringt sie nun mit Mummury in die Haushalte. Zu Weihnachten erhielt ich Pussy Pairs, initiiert von Gloria, realisiert mit dem Achse Verlag. Im Prinzip handelt es sich um ein Memory Spiel mit unterschiedlichen Vulven.
Als ich an Weihnachten begeistert Mummury herausholte, verdrehte mein Großvater die Augen, meine Oma lachte, doch meine Mutter und meine Schwester spielten begeistert eine paar Runden. Wir betrachteten die Vulven, stellten fest, wie komplex das Spiel dann doch ist, weil ja jede Vulva echt anders aussieht. Message angekommen. Dann sprachen wir über unsere eigenen Vulven. Dieses Miteinander wiederholte ich einige Male. Auch mit meinen besten Freundinnen, was mich in unsere Teenagerzeit katapultierte und dafür sorgte, dass ich diese solidarische Stärkungen wieder erlangte. Ich war wieder dankbar dafür, dass wir alle einzigartig sind. Viva la Vulva.
* Wir haben die Mummury kostenlos testen können. Wir wurden weder bezahlt noch anderweitig beeinflusst.
Ciani
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