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Wie wird man ein Ally?

Was bedeutet Allytum?

Bild: Omar Lopez

Es ist unangenehm über Rassismus zu sprechen. Einfach, weil keine Person als rassistisch entlarvt werden möchte. Aber es gibt auch diejenigen, denen das schnurz piep egal ist. Diese beiden trafen letzte Woche aufeinander: Die Influencerin Diana zur Löwen besuchte und interviewte den Afrika-Korrespondenten vom Handelsblatt Wolfgang Drechsler in seiner südafrikanischen Villa, um mehr über den Kontinent zu erfahren, auf dem er seit über 30 Jahren lebt. In diesem Video, welches inzwischen gelöscht wurde, waren kolonialistische und rassistische Klischees enthalten. Diana erhielt ordentlich Kritik und suchte das Gespräch mit Betroffen*innen. Das ist wichtig und gut, denn sie kann somit ein Ally sein. Doch was bedeutet das genau?

“Kann man das so sagen?”

Rassismus ist mächtig. Es beeinflusst mein Leben, als Schwarze Frau in Deutschland immens und das vieler anderer auch. Es führt dazu, dass ich in kuriose Situationen mit Menschen gerate, die unsicher sind, wie sie, was, wie genau sagen können ohne ins “Fettnäpfchen” zu treten. Genau das erlebte ich erst gestern in meiner Bürogemeinschaft in der Küche, als ich mir einen Kaffee machte und eine Kollegin mir etwas erzählen wollte und dabei eine Person beschrieb, die vermutlich Schwarz war, nicht wusste, wie sie es sagen sollte, eine lange Pause, betretenes Schweigen und dann die unsichere Frage: “Kann man das so sagen?” Diese Frage zu stellen, ist total in Ordnung, sogar wichtig! Besser, als von Farbigen zu sprechen, was eins-a auf den Nationalsozialismus zurückzuführen ist. Doch manchmal muss ich meinen Schmerz herunterschlucken, nett lächeln und es geduldig erklären. Einfach weil ich diese Frage im Durchschnitt zehnmal pro Woche höre. Jedes Mal, wenn sie aufkommt, stelle ich fest, wie wenig Wissen über Rassismus vorherrscht und das demotiviert mich. Trotzdem erkläre ich es. Weil ich mein Gegenüber nicht verprellen möchte, damit mein Umfeld keine Rassismen reproduziert, aber auch, um einen potentiellen Ally zu motivieren. Der Begriff stammt aus dem Englischen und beschreibt eine Person, die nicht zu der diskriminierten Gruppe gehört, diese Problematik versteht und gemeinsam dagegen vorgeht. Das ist überaus wichtig, ansonsten kommen wir nicht besonders weiter.

Der “Afrikaner an sich”

Was hat das alles mit dem besagten Video zu tun? Eine Menge. Denn der Afrika-Korrespondent vom Handelsblatt Wolfgang Drechsler sprach vom “Afrikaner an sich”. Dieser hat keinen Unternehmergeist, hält sich lieber in seinem kleinen Kreis im Dorf auf und kann auch sonst wenig zukunftsorientiert denken. Das sei auch der Grund, weshalb es Afrika so schlecht geht. Er findet, dass “Afrikaner*innen aus den Puschen kommen”, nicht mehr von uns (weißen Europäer*innen vermutlich) Reparationsanforderungen stellen und allgemein mit dem Jammern aufhören sollten, weil sie sich auf die Vergangenheit fokussieren. Sie können gar nicht in die Zukunft schauen.

Diese Aussagen sind rassistisch. Zu sagen, dass Afrikaner*innen nicht in die Zukunft schauen können, klingt sehr Rassenbiologie-lastig. Der Grund, weshalb es Afrika, einem Kontinent mit insgesamt 52 Ländern, so ergeht, wie Herr Drechsler beschreibt, ist aufgrund des Kolonialismus. Denn über Jahrhunderte wurden Bodenschätze, Rohstoffe und sogar die Menschen instrumentalisiert, sprich versklavt und ausgebeutet mit einem einzigen Ziel: Mehr Wohlstand für Europa. Nun zu sagen, dass die Afrikaner*innen in die “Puschen kommen” sollten, ist sehr problematisch. Wie kann ich denn jemanden, der beispielsweise zehn Jahre lang für einen Marathonlauf trainierte und einen, der das nicht tat, zu einem Wettkampf schicken und dann diese Leistung vergleichen. In Südafrika herrschte bis 1990 die Apartheid. Das bedeutet, bis vor 30 Jahren war es das staatliche Ziel, Schwarze Menschen zu separieren, ihnen strukturell schlechtere Schulbildung zu geben und sie wurden in prekäre Wohnanlagen angesiedelt. Die gesetzliche Lage hat sich verändert, aber mit dieser Ausgangslage ist es schwer global zu konkurrieren, wenn hinzukommt, dass es keinerlei Ausgleich für diese Personen gibt, um aufzuholen. All diese Informationen wurden in Drechslers Analyse nicht kommuniziert und das ist ziemlich beschissen. Was mich dabei nachhaltig schockiert, ist das ein Journalist, der über 30 Jahre auf dem afrikanischen Kontinent lebt, sein Studium in Südafrika, während der Apartheid absolvierte, (was vermutlich einiges erklärt), über Afrika mit dieser Perspektive nach Deutschland berichtet. Von wir und sie spricht. Sie sind. Wir sind. Sie jammern. Wir haben sie über Jahrhunderte gehörig ausgenommen, weglässt. Wir sind schlauer. Wir haben einen größeren Unternehmergeist. Sie jammern lieber. Sie sind so. Wir sind so. Es ist die Perspektive, die Drechsler einnimmt oder eher die, die er nicht einnimmt. Mit diesem Blick berichtet er in Afrika für Deutschland und reproduziert Rassismen. Das bedarf es zu kritisieren.

So wirst du ein Ally:

Spannend an diesem Interview ist die Reaktion im Netz, denn Diana erhielt Kritik. Berechtigt, in der Hinsicht, dass sie diese problematischen Aussagen ungefiltert teilte. Allerdings hörte sie zu und nahm die Perspektiven derjenigen ein, die sie kritisierten. Ein mächtiger Unterschied und der Grund, weshalb Diana ein großes Potential hätte, Rassismus zu verstehen, einfach weil sie versucht sich hineinzuversetzen. Das brachte sie an den Punkt, dass sie begann zu recherchieren, unter anderem das Buch von Tupoka Ogette “Exit Racism” las und sogar mit der Schwarzen deutschen Journalistin Koku Musebeni sprach, um all die Fragen zu stellen, die sie sich vermutlich nicht traut, die ihr sogar schwer fallen, aber es tat, weil es ihr Ziel ist, Rassismus zu verstehen und (vielleicht) dagegen vorzugehen. Das ist ein Ally. Das sind auch die Personen, die mir während ich einen Kaffee mache, die Frage stellen: Geht das? Weil sie gegen das unangenehme Gefühl angehen und das ehrliche Bedürfnis haben, ihre Sichtweise zu erweitern. Sie laufen lieber auf Eierschalen, als rassistische Bilder zu reproduzieren. Kritik ist unangenehm. Warum ich so exzessiv auf die Aussagen von Herrn Drechsler eingehe, ist, weil er sich selbst als Afrika-Experte positioniert und eine Autorität ausstrahlt, dass Diana, die sich zuvor nicht mit Rassismus auseinandersetzen musste, ihm glaubt. Dementsprechend sind die vielen empörten Reaktionen wichtig, denn ohne diese, wäre Diana nicht auf die Idee gekommen, sich ein anti-rassistisches Buch anzusehen oder mit einer Person in Deutschland noch einmal zu sprechen, um das Bild, was Herr Dreschler über Afrikaner*innen gezeichnet hatte, in ein anderes Licht zu rücken und mit einer anderen Perspektive zu betrachten. Denn wenn Diana das nächste Mal in eine ähnliche Situation gerät, könnte sie stopp sagen und dagegen vorgehen. Das würde sie zu einem Ally machen. Einer Alliierten, die gegen Rassismus vorgeht. Denn Rassismus sind nicht nur Springerstiefel, sondern auch von dem Prototyp Afrikaner zu sprechen, der mal endlich aus den Puschen kommen sollte. Eine Person, die sich nicht in eine andere hineinversetzt kann und lediglich Klischees sieht.

Ciani-Sophia Hoeder

Ciani

Ein Online-Lifestylemagazin für afrodeutsche Frauen schaffen. Genau das hat sich die 29-jährige Berlinerin in den Kopf gesetzt. Nun ist Cianis Traum wahr geworden. RosaMag informiert, inspiriert und empowert Schwarze Frauen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

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